Black Forest German.pdf

  Forests and Climate Change Programme (FORCLIME)

WALDWIRTSCHAFT UND KLIMASCHUTZ

  Indonesisch-deutscher Expertendialog im Rahmen einer Informationsreise vom

25. August bis 1. September 2013

  EXPERTENAUSTAUSCH Indonesien – Deutschland

  Der indonesische Urwald und der deutsche Schwarz- Ein vielfältiges Programm ermöglicht es durch wald könnten nicht unterschiedlicher sein. Aber Vorträge, Diskussionen und Feldforschungen den genau aus diesem Grund reisen 18 Mitarbeiter des Schwarzwald und Freiburg näher kennen zu lernen. indonesischen Forst- und Planungsministeriums Besondere Förderung erhält das Programm vom nach Baden-Württemberg zu ihren Kollegen von Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammen- ForstBW. Ihr gemeinsames Ziel ist der internationale arbeit und Entwicklung (BMZ), das die Deutsche Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet der naturna- Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit hen und nachhaltigen Forstwirtschaft. (GIZ) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit der Durchführung beauftragt hat, in Kooperation Noch gehört Indonesien zu den größten Emittenten mit dem indonesischen Forstministerium. von Treibhausgasen. Mit der Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans zur Reduzierung von Treib-

  Die GIZ

  hausgasemissionen im Jahr 2011 hat sich die indo- nesische Regierung der Herausforderung gestellt,

  Als weltweit tätiges Bundesunternehmen der

  klimaschädliche Prozesse zu minimieren, nachhal-

  internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige

  tiges Wirtschaftswachstum zu generieren und eine

  Entwicklung, unterstützt die Deutsche Gesell-

  Verbesserung der Lebensumstände für die Bevölke-

  schaft für internationale Zusammenarbeit GmbH rung zu ermöglichen. (GIZ) die Bundesregierung bei der Verwirklichung ihrer entwicklungspolitischen Ziele.

  Zur Unterstützung dieser Bestrebungen wurde 2009

  Sie verspricht zukunftsfähige Lösungen für poli-

  das „Wald- und Klimaschutzprogramm“ (FORCLI-

  tische, wirtschaftliche, ökologische und soziale

  ME) ins Leben gerufen. In diesem Rahmen findet im

  Entwicklungen in einer globalisierten Welt und

  August 2013 eine weitere Informationsreise einer

  fördert komplexe Reformen oder Veränderungs- indonesischen Delegation nach Deutschland statt. prozesse, auch unter schwierigen Bedingungen.

  Im Expertendialog wollen sich die indonesischen

  Ihr Ziel ist es, die Lebensbedingungen der Men-

  Besucher wichtiges Know-How aneignen, um die schen nachhaltig zu verbessern. heimische Forstverwaltung zu reorganisieren und den Klimaschutz zu forcieren.

  VORWORT

  Indonesien hat sich ein jährliches Wirtschaftswachs- tum von 7% zum Ziel gesetzt. Gleichzeitig sollen die im weltweiten Vergleich sehr hohen Treibhausgas- Emissionen des Landes bis zum Jahr 2020 um 26% reduziert werden. Den entscheidenden Beitrag dazu soll der Forstsektor erbringen. Um das angestrebte Ziel der Emissionsreduzierung zu erreichen, ist eine grundlegende Reform des Forstsektors erforderlich. Die indonesisch-deutsche Entwicklungszusammen- arbeit unterstützt mit dem Programm zum Wald- und Klimaschutz (FORCLIME) die indonesische Forstver- waltungsreform, mit der die Verantwortung für die Bewirtschaftung der Wälder in dezentrale staatliche Strukturen, sogenannten Forest Management Units, gelegt wird. Dadurch werden alle Waldflächen einer geregelten Bewirtschaftung unterzogen, der kom- merzielle Holzeinschlag besser kontrolliert und die Nutzungsrechte der lokalen Bevölkerung auf eine rechtlich gesicherte Basis gestellt. Die Forstverwal- tungsreform ist eine wichtige Voraussetzung zur Begrenzung von Waldverlusten, Walddegradation und CO 2 Emissionen. Das Programm FORCLIME hat von Anbeginn den Erfahrungsaustausch zwischen dem indonesischen Forstministerium und Forstverwaltungen in Deutsch- land angestrebt. Durch eine Reihe von Informati- onsreisen wurde ein bilateraler Expertendialog zu forstlichen Reformprozessen in Indonesien und Deutschland gefördert. In diesem Kontext hat auf Einladung von ForstBW im Zeitraum vom 25. August bis 1. September 2013 die Informationsreise einer indonesischen Delegation nach Baden-Württemberg stattgefunden. Im Rahmen eines abwechslungsrei- chen Programms hatte die indonesische Delega- tion Gelegenheit, sich umfassend zu Themen wie Forstverwaltungsreform, Nationalparkmanagement, kommunale Waldwirtschaft, Forstbetriebsgemein- schaften, erneuerbare Energien und Klimawandel zu informieren und Fachdialoge mit deutschen Kollegen zu führen. Die Ergebnisse dieses indonesisch-deutschen In- formationsaustauschs sind ein weiterer wichtiger Beitrag zur langjährigen erfolgreichen Entwicklungs- zusammenarbeit im Forstsektor. Mit der vorliegen- den Broschüre wollen wir den Verlauf der Informati- onsreise dokumentieren.

  Im Namen von FORCLIME und der Delegation wollen wir uns an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von ForstBW für die Einladung und das hochinteressante Programm bedanken. Unser beson- derer Dank gilt den Organisatoren und Begleitperso- nen der Informationsreise, sowie den Vertretern der besuchten Firmen, Organisationen und Institutionen.

  Jakarta, Oktober 2013

  Helmi Basalamah, Leiter des Planungsbüros im indonesischen Forstministerium Rolf Krezdorn, Programmdirektor FORCLIME, GIZ

  • private Holzwirtschaft • volkswirtschaftlicher Faktor • Arbeitsplätze
  • Existenzsicherung • Tourismus • Jagd • Forschung
  • Naherholungsgebiet • Gesundheit • Bildung • Wandern • Fahrradfahren
  • >Klimaschutz • Naturschutz • Kohlenstoffspeicherung • Emissionsreduktion • Erhalt der Biodiversität
  • Luftreinhaltung • Bodenschutz • Gewässerschutz

  Der Schwarzwald liegt im Südwesten des Bundes- lands Baden-Württemberg und bildet Deutschlands größtes zusammenhängendes Waldgebiet. Der dichte Mischwald aus überwiegend Fichten, Tannen und Buchen erstreckt sich auf einer Fläche von etwa 8.000 Quadratkilometern über ein Mittelgebirge mit bis zu 1493 Metern Höhe. Fast 40% des Bundeslan- des sind bewaldet. Der natürliche Lebensraum wird durch große Hö- henunterschiede bestimmt, dessen Berge und Täler sowie Seen die Grundlage einer besonders arten- reichen Flora und Fauna bilden. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sonne und Niederschlag macht die Region überaus fruchtbar: Das Rheintal und die Vorbergzone des Schwarzwalds werden durch Wei- nanbau und intensiven Obst- und Gemüseanbau be- stimmt. Viehwirtschaft fi ndet auf den lichten Hügeln des Südschwarzwaldes statt; der Nordschwarzwald ist durch nachhaltige Waldwirtschaft und holzverar- beitende Industrie gekennzeichnet. Die Nutzung des Schwarzwaldes durch den Men- schen reicht über viele Jahrhunderte zurück. Dabei waren die Eigentums- und Nutzungsformen einem fortschreitenden Wandel unterzogen. In vielen Teilen des Schwarzwalds ist nach wie vor die traditionelle bäuerliche Waldwirtschaft bestimmend. Waldzerstö- rerische Bewirtschaftungsformen wie Köhlerei, Glas- brennerei und Waldweide haben im 19. Jahrhundert einer nachhaltigen Waldwirtschaft Platz gemacht. Forst- und Holzwirtschaft sind bedeutende Wirt- schaftsfaktoren in der Region. „Daher müssen wir mit der Natur arbeiten - nicht gegen sie. Nur dann ist nachhaltige Waldwirtschaft möglich“ sagt Josef Nol- le, der als Förster im Schwarzwald tätig ist. Ein Raub- bau am Wald, wie er in vergangenen Jahrhunderten stattgefunden hat, ist heute einer nachhaltigen Forst- wirtschaft unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten gewichen.

  Die Funktionen des Waldes

  Der Wald hat viele Funktionen und wird seit Gene- rationen von Mensch und Tier auf verschiedenste Weisen genutzt. Dabei lassen sich drei zentrale Kernfunktionen ausmachen: Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Funktionen interagieren miteinander und die Übereinkunft aller Interessen ist Teil nachhaltiger und naturnaher Forstwirtschaft.

  Ökonomische Funktion

  Soziale Funktion

  Ökologische Funktion

DER SCHWARZWALD

26 August

  Der Ortenaukreis hat 47.800 Hektar Waldfläche in Baden-Württembergs waldreichster Region. Hier ist die Waldservice Ortenau eG (WSO) angesiedelt. Kurt Weber, eines der Vorstandsmitglieder, beschreibt: „Wir sind zu 100% ein forstwirtschaftliches Dienst- leistungsunternehmen und handeln im Interesse und entsprechend der Anforderungen unserer Mitglie- der.“ Die Mitglieder der WSO bestehen momentan aus 22 Kommunen und sechs Forstbetriebsgemein- schaften.

  Das Leistungsangebot der WSO zeichnet sich durch Vielseitigkeit aus und wird in Bewirtschaftungsver- trägen mit den Waldbesitzern festgelegt. Die Ge- nossenschaft organisiert alle nötigen Schritte: „Wir kaufen das Holz unseren Mitgliedern ab, verkaufen es an die Industrie und bekommen für die Vermark- tung des Holzes pro Festmeter eine vorab definierte Marge.“ erklärt Weber.

  • Nachhaltige Bewirtschaftung und Pflege kommunaler und privater Waldflächen
  • Planung und Durchführung des Holzeinschlags • Problem- und Spezialfällungen
  • Holzlagerung • Ausbildung

  Die durch die WSO auf dem Holzmarkt erwirtschaf- teten Gewinne gehen an den Kunden- an Kommunen und Städte sowie Privatwaldbesitzer. Kurt Weber skizziert die täglichen Herausforderun- gen: „Wir haben viel mit Steilhängen an Landstraßen und Bundesstraßen zu tun. Im Bereich öffentlicher Straßen kann man Bäume nicht einfach fällen, son- dern muss den notwendigen Sicherheitsaspekten Rechnung tragen. Das verlangt viel Sachkenntnis.“ Im staatlich anerkannten Ausbildungsbetrieb wird dieses Expertenwissen an Auszubildende weiterge- geben. Insgesamt beschäftigt die Genossenschaft 32 feste Mitarbeiter, davon 17 Forstwirte. Sie sollen sicherstellen, dass der Wald fachkundig betreut wird. Zusätzlich wird die Vermarktung von Holzneben- produkten zur Energiegewinnung angeboten. „Wir wollen zum Naturschutz beitragen, indem wir den Ausbau erneuerbarer Energien fördern“ so Weber und weiter: „Wir versuchen den Sektor der nach- wachsenden Rohstoffe voranzutreiben, um dadurch Klimaschutzziele zu erfüllen.“ Waldservice Ortenau, Auf dem Grün 1, 77797 Ohlsbach

  www.waldservice-ortenau.de Dienstleistungen Forstwirtschaftlicher Service

  Holzvermarktung

  • Verkauf von Stammholz • Wertsteigerung des Rohstoffs durch Mengenbündelung kleinerer Abnehmer • Vergabe von Selbstwerbung

  Wertschöpfung aus Reststoffen

  • Hackschnitzelproduktion mit eigenem Großhacker
  • Vermarktung der Holznebenprodukte • Energieholzverkauf an Großabnehmer und regionale Betriebe

  Distribution des geschlagenen Holzes 60% Sägewerk und Holzindustrie 20% Papier- und Zellstoffindustrie 20% Energiegewinnung Waldservice Ortenau bewirtschaftet als forstlicher Dienstleister 22.491 Hektar Wald 40% Privatwald 60% Kommunalwald

  FORSTLICHE DIENSTLEISTUNGSUNTERNEHMEN Waldservice Ortenau eG, Ohlsbach

26 August

  Forstwirtschaftlicher Service im Privatwald

  Der Schwarzwald gehört zu den artenreichsten Waldgebieten in Deutschland. Dank günstiger klima- tischer Bedingungen hat der Wald einen hohen jährli- chen Zuwachs, der im oberen Bereich des Möglichen liegt. Seit acht Jahren ist Joseph Nolle Revierleiter im Amt für Waldwirtschaft. In seinen Zuständigkeits- bereich fällt der Privatwald, wovon er circa 2.000 Hektar betreut. Im Auftrag der Forstverwaltung unterstützt er Privatwaldbesitzer bei der Umsetzung naturnaher und nachhaltiger Forstwirtschaft.

  Joseph Nolle sieht sich als „Dienstleister für Privat- waldbesitzer“, indem er „hilft, Einkommen im ländli- chen Bereich zu generieren.“ Abhängig vom Wunsch des Waldbesitzers kann der Förster für die gesamte Pflege und Bewirtschaftung des Waldes sorgen oder nur einzelne Aufgaben übernehmen.

  Aufgabenfelder Im Privatwald

  GIZ: Die Beratung und der Wissensaustausch zwischen Privatwaldbesitzer und Förster stellen nachhaltige Forstwirtschaft sicher. Wo greifen Sie ihren Privatwaldbesitzern zusätzlich unter die Arme? Josef Nolle: Ein Förster organisiert die fach- liche Arbeit und macht das Holz der Privat- waldbesitzer marktfähig. Insgesamt kümmere ich mich um 50% des Einschlags. Es ist für Waldbesitzer viel wirtschaftlicher, wenn ich verschiedene Aufgaben bündele und in Auftrag gebe, als wenn sie sich selbst teure Maschinen und Geräte zulegen. Es gibt aber auch viele Waldeigentümer, die forstwirtschaftliche Unternehmer sind. Ihre Firmen haben eigene Maschinen, mit denen sie, durch mich beauftragt, bei ihren Nachbarn Arbeiten vor- nehmen. GIZ: Das klingt nach regionaler und enger nachbarschaftlicher Zusammenarbeit. Josef Nolle: Ich arbeite in erster Linie mit Fachkräften aus der Umgebung zusammen. Sie kennen das Gebiet am besten und garantieren dadurch die beste Qualität. Sie wissen, dass bei der Holzernte besondere Sorgfalt notwen- dig ist, um das nachwachsende Holz nicht zu beschädigen. Das Nachpflanzen ist sehr teuer. Eine schonende Holzernte zahlt sich am Ende des Tages aus und ist ökonomischer.

  • Betreuung von Privatwald • Sicherung nachhaltiger Forstwirtschaft auf Basis der Waldgesetze • Festlegung des Hiebsatzes nach der Forsteinrichtung • Naturnaher Waldbau • Sachgemäße Abwicklung der Holzfällarbeiten: Personalmanagement und Logistik • Organisation des Holzverkaufs • Jagd, um ein ausgeglichenes Ökosystem zu wahren

  Administrative Aufgaben

  GIZ: Sie kümmern sich um ungefähr 8.000 Privatwaldbesitzer. Welche Forstwirte betreuen Sie und warum wenden sie sich an sie? Josef Nolle: Es gibt Waldbesitzer die weit von ihrem Wald entfernt wohnen oder anderwei- tiger Arbeit nachgehen. Es gibt zum Beispiel Bauern die Obstbaumplantagen und Privatwald besitzen. Sie haben dann zwar Maschinen für die Obsternte, aber nicht für die Forstwirt- schaft. Diese Privatwaldbesitzer wenden sich an mich.

  GIZ: Können Waldbesitzer die Arbeit vollstän- dig an Sie abgeben? Josef Nolle: Das können sie natürlich machen. Es passiert aber sehr selten, weil ich viel Wert darauf lege, dass sich der Eigentümer mit seinem Wald identifiziert und weiß, was damit passiert. Jährlich mache ich gemeinsam mit dem Besitzer einen Waldbegang und wir pla- nen vor Ort was im Forst gemacht werden kann und muss.

  Forstrevier Vorderes Kinzigtal Josef Nolle, Auf dem Grün 1, 77797 Ohlsbach

  DER PRIVATWALD Forstrevier Vorderes Kinzigtal

  • Kommunikation zwischen Holzbesitzer und Verkäufer
  • Transfer der Gelder • Vorstand von Genossenschaften

  Infrastruktur

  • Organisation und Beaufsichtigung des Straßenbaus durch den Forst

  Douglasienwirtschaft

  Bedingt durch den Klimawandel ist in Europa mit einem insgesamt wärmeren und trocke- neren Klima zu rechnen. Dies stellt besondere Herausforderungen an die Forstwirtschaft hinsichtlich einer angepassten Baumarten- wahl. Die Douglasie wächst auf unterschied- lichsten Standorten und ist tolerant gegenüber Trockenheit und ungünstigen Lichtverhältnis- sen. Der robuste Nadelbaum gewinnt schnell an Durchmesser und wächst sehr hoch. Das macht den Douglasienanbau nicht nur öko- nomisch sinnvoll, sondern er ist gleichzeitig ein Beitrag zur Minderung von Risiken, die sich für den Wald aus den sich verändernden Umweltbedingungen ergeben. Die Douglasie eignet sich durch ihre Anpassungsfähigkeit für die Rehabilitierung von Waldflächen, die durch Sturm oder andere Umwelteinflüsse geschädigt wurden. Das Holz der Douglasie ist vielseitig verwendbar. Es wird als Bauholz und im Innenausbau (Türen, Fenster, Böden) ver- wendet. Zusätzlich gibt es eine Reihe spezieller Anwendungen (Masten, Schwellen, Fässer).

27 August

  Das Sägewerk Echtle in Nordrach hat 40 Mitar- beiter, die im Zweischichtsystem Nadelhölzer aus dem Schwarzwald verarbeiten. Bei einem Jahres- einschnitt von 45.000 Festmetern werden täglich sieben LKW-Ladungen verarbeitet. Um den Anfor- derungen des Waldes und auch des Unternehmens gerecht zu werden, entscheiden Holzeinkäufer und Förster gemeinsam im Wald, welche Fichten oder Tannen gefällt und abgenommen werden. Sobald die bis zu 120 Jahre alten Bäume das Firmengelän- de erreichen, beginnt der Verarbeitungsprozess. Die Firma Echtle stellt vielfältige astfreie Holz- produkte für den heimischen und internationalen Markt her, wie zum Beispiel: Kanthölzer, Massiv- holzdielen, Totenbrettchen, Leimholzplatten und vieles mehr. Eine Besonderheit des Sägewerks ist die Energiegewinnung aus eigenen Abfällen. Rück- stände der Produktion werden restlos in Energie umgewandelt. Sägewerk Echtle KG, Talstraße 12, 77787 Nordrach

  SÄGEWERK ECHTLE Qualitätsholz aus dem Schwarzwald

  www.echtle-holz.de Ablauf der Holzverarbeitung im Sägewerk

  • Erste Qualitätskontrolle durch Mitarbeiter • Einteilung in drei Güteklassen
  • Metalldetektor untersucht Holz auf Splitter, Nägel und andere Metallteile, um die Maschinen nicht zu beschädigen
  • Entrinden der Baumstämme und Umlagerung der Rinde über ein Transportband • Bandsäge zerteilt Stammholz • 5 Meter lange Stämme werden, je nach Qualität, auf acht verschiedene Arten bearbeitet
  • Dem Zuschnitt entsprechend wird das Holz unterschiedlichen Fertigungsstraßen zugeführt
  • technische Qualitätskontrolle
  • Optische Geräte erkennen Qualitätsdefizite des Rohstoffs • Automatische Kreissägen schneiden mangelhafte Abschnitte des Holzes heraus
  • Makelloses Holz wird nach Größe sortiert und geht in den weiteren Produktionsprozess über
Energiegewinnung aus CO

  • neutralen Nebenprodukten

  2

  Das Sägewerk Echtle hat in erneuerbare Energien investiert und ein Organic Rankine Cycle-Kraftwerk (ORC) auf dem Firmengelände installiert. Bei der Holzproduktion fallen Sägewerksreststoffe wie beispielsweise Rinde, Hackschnitzel, Sägemehl oder ausgesondertes Holz von minderwertiger Quali- tät an. Dieser „Abfall“ wird restlos zur Energiegewin- nung genutzt und im OCR-Kraftwerk verbrannt. Die Firma Echtle produziert auf diese Weise täglich mehr Strom als sie verbraucht. Der gewonnene Strom wird nach dem Gesetz für den Vorrang Erneu- erbarer Energien (EEG) ins Stromnetz eingespeist und verkauft. So gelingt es dem Unternehmen ein umliegendes Krankenhaus mit Wärme zu versorgen und zusätzliche Gewinne zu erzielen.

  Energiegewinnung im ORC-Kraftwerk

  Harald Bröker

  Einkäufer im Sägewerk Echtle GIZ: Sie gewinnen täglich mehr Strom und Wärme als ihr Sägewerk benötigt. Was soll in Zukunft mit dem Überschuss passieren? Harald Bröker: Wir produzieren etwa 100 kWh mehr Strom durch unsere Rindenabfälle, als wir verbrauchen. Darum werden wir diesen Winter den Überschuss über das Fernwärme- netz ins Dorf leiten und dort eine Klinik, ein Hotel, die Gemeindehalle, das Rathaus und private Haushalte, wenn sie möchten, mit Ener- gie aus erneuerbaren Rohstoffen versorgen. Die Erweiterung der Fernwärmeleitungen von unserem Sägewerk ins anliegende Dorf sind schon im Gange.

  • Sägewerksreststoffe gelangen über Laufbänder von der Fertigungsstraße ins OCR-Kraftwerk
  • In der ORC-Anlage beginnt die Stromerzeugung, durch eine Dampfturbine, die nicht mit Wasser dampf, sondern mit organischen Flüssigkeiten niedriger Verdampfungstemperatur betrieben wird
  • Im geschlossenen Kreislauf wird gewonnene Wärme zum Heizen genutzt

  Mehrwert des Kraftwerks

  • Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen • Stromerzeugung erfolgt CO
  • 2<

    • neutral

  • Deckung des steigenden Energie- und Wärmebedarfs
  • Verwertung aller anfallenden Nebenprodukte

  Ertrag des geschlossenen Kreiskaufs Strom: 1 MWh Wärme: 4 MWh

27 GEWINNSTEIGERUNG DURCH HOLZVERGASUNG

  August Stephan Diener

  Stephan Diener

  Privatwaldbesitzer GIZ: Wie bewerten sie die Installation des Holz- vergasers in Ihrem Unternehmen?

  Stephan Diener ist Privatwaldbesitzer und Forstwirt.

  Stephan Diener: Noch besser, glaube ich, Mit eigenen Maschinen fällt er für Waldbesitzer Bäu- geht´s eigentlich nicht! Was im konventionellen me und transportiert diese in Sägewerke. Nicht alle

  Kraftwerk entsteht, machen wir aus erneuer- Baumteile können im Werk verarbeitet werden und baren Energien. Wir erreichen eine Doppelte fallen als scheinbar unverwertbares Nebenprodukt Wertschöpfung aus Hackschnitzeln. an.

  Die Investition hat sich gelohnt.

  Im Oktober 2012 richtet Stephan Diener einen Holzvergaser auf seinem Firmengelände ein. Aus anfallenden Holzreststoffen soll Strom und Wärme gewonnen werden, um ökonomischer zu arbeiten. Sein Ziel ist es, die erzeugte Energie ins öffentliche Netz einzuspeisen und zusätzliche Gewinne zu er- wirtschaften.

  Bei einem wöchentlichen Hackschnitzelverbrauch von 20 m³, produziert Stephan Diener 45 kWh Strom, wobei 120 kWh Abwärme entstehen. Sie ist ein Nebenprodukt, das durch die Motorkühlung entsteht. Im Sommer wird die Wärme genutzt, um Hackschnitzel zu trockenen, im Winter wird sie ins Nahwärmenetz geleitet und versorgt Haushalte mit Wärme. Der Strom wird ganzjährig verkauft und ins Netz gespeist.

  Die Holzvergasung

  • Ein Kessel wird mit trockenen Hackschnitzeln gefüllt. Feuchtigkeitsgehalt &lt;10%
  • Hackschnitzel werden bei 900°C ohne Feuerentwicklung verkohlt
  • Holzgas entsteht
  • Gas wird durch eine Filteranlage von Kohlepartikeln gereinigt
  • sauberes Holzgas treibt die Turbine an und erzeugt Strom • reiner Kohlenstoff bleibt zurück
  • Rückstand wird als Dünger in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt

28 August

  ZERTIFIZIERUNG FSC / PEFC Julius Forneck

  Forstamtmann GIZ: Sie sind im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württem- berg tätig. Ihre Region ist bereits zu 82% PEFC zertifiziert. Zusätzlich wird momentan das FSC- Siegel angestrebt. Was ist der Mehrwert dieser Doppelzertifizierung? Julius Forneck: Erstens wird dadurch unse- rer nachhaltigen Waldwirtschaft verstärkt Ausdruck verliehen. Zweitens können wir der wachsenden Nachfrage nach zertifiziertem Holz besser nachkommen. GIZ: Bei der Produktion von zertifiziertem Holz gibt es strenge Verordnungen und Gesetze, die strikt befolgt werden müssen. Wie sieht es mit der Implementierung der FSC-Richtlinien aus? Julius Forneck: Der Schwarzwald ist schon seit mehr als zehn Jahren PEFC zertifiziert. Das gilt für Staats-, Kommunal- sowie Privatforst. Bei der Umsetzung dieser Richtlinien haben wir keine Probleme mehr. Bei FSC müssen wir viel öffentlichkeitswirksamer arbeiten, denn die FSC-Zertifizierung hat viel strengere Kriterien, was zum Beispiel Holz- und Waldschutzmittel betrifft. Das gilt sowohl für stehendes, als auch bereits geschlagenes Holz. Da müssen wir un- sere Waldbesitzer mehr an den Diskussionen beteiligen.

  GIZ: Neue Auflagen erfordern eine Anpassung der Produktionsweise mit entsprechendem finanziellen Aufwand. Wie schaffen es auch kleine Forstbetriebe alle Richtlinien zu erfüllen? Julius Forneck: Bei PEFC sind Gruppenzer- tifizierungen möglich. Das wird auch beim FSC-Siegel angestrebt. Nach der Umsetzung können sich auch private Betriebe zusammen- schließen und zertifiziert werden.

  Wesentliche Unterschiede der Zertifikate FSC – Gütesiegel für Unternehmen

  Zertifizierte Waldfläche 1.100.000 Hektar in Baden-Württemberg (82%) 7.700.000 Hektar in Deutschland (70%) 90.900.000 Hektar in Europa (3,3%)

  1992 findet in Rio de Janeiro die Konferenz der Ver- einten Nationen für Umwelt und Entwicklung statt. Es werden Prinzipien für nachhaltige Entwicklung und umweltverträgliches Wirtschaften festgelegt. Auf Basis dieser Statuten wird 1993 der Forest Stewardship Council gegründet (FSC). 1999 wird die Sicherung nachhaltigen Waldmanagements um das „Programme for the Endorsement of Forest Certifi- cation Schemes“ (PEFC) erweitert.

  Heute sind die FSC- und PEFC-Gütesiegel die wich- tigsten Zertifikate für Holz aus nachweislich nachhal- tiger Forstwirtschaft. Unabhängige Gutachter stellen periodisch fest, ob alle Anforderungen für die Zertifizierung erfüllt sind. Nach der Überprü- fung erhalten Regionen und Unternehmen ein Güte- siegel und positionieren sich entsprechend positiv auf dem Markt.

  Die Nachfrage nach ökologisch angepassten, sozial verträglichen, ökonomisch und nachhaltig erzeugten Holzprodukten steigt zunehmend. Beide Gütesiegel stellen den verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt sicher und entsprechen der wachsenden Nachfrage der Konsumenten nach Produkten, die nachhaltig erzeugt werden.

  Regierungspräsidium Freiburg Bertoldstraße 43, 79114 Freiburg

  www.rp.baden-wuerttemberg.de

  • Internationales Akkreditierungssystem • verpflichtend sind internationale Standards des FSC

  PEFC – Gütesiegel für Regionen

  • Nationales Akkreditierungssystem • verpflichtend sind nationale Standards

  FORSTVERWALTUNGSREFORM Baden-Württemberg / Forstdirektion Freiburg

  Nach erfolgreichen Reformen der vergangenen Jahre mit sozialverträglichen Personaleinsparungen von 40% und einer Effizienzrendite von 20%, wird der Verwaltungsaufbau erneut optimiert. 2010 wird ein Verwaltungsreformgesetz verabschie- det und der Landesbetrieb ForstBW gegründet. Der Betrieb, seine Dienstleistungen und die Hoheit der Forstverwaltung wird mit der Gründung umstruktu- riert.

  Herr Hauck ist Leitender Forstdirektor bei ForstBW und zuständig für die Abteilung Waldbau, Wald- schutz und Klimawandel. Er bewertet die Vorteile der Reform folgendermaßen: „Wenn es um den Wald und die Forstwirtschaft geht, haben wir eine durch- setzungsfähige Verwaltung mit direkter Kommunika- tion. Unsere fachliche Kompetenz ist sehr schlagkräf- tig. In Fachfragen sind wir in unserer Arbeit frei und haben ein eigenes Budget. Nur beim Personalma- nagement ist das System noch ausbaufähig. Derzeit laufen Bemühungen für eine Feinjustierung der Verwaltungsreform.“

  Basah Hernowo

  Director for Forestry and Water resource, Agency for National Development Planning GIZ: Sie haben sich auf der Reise mit Mitarbei- tern von ForstBW über Forstverwaltungsre- formen ausgetauscht. Wie ist die Verwaltung momentan in Indonesien aufgebaut? Hernowo: Die Forstverwaltung in Indonesien ist dezentral organisiert. Es gibt einerseits staatliches Waldmanagement, das sich um Fi- nanzierung und Umweltgesetze kümmert und eine Kontrollfunktion gegenüber den Regie- rungsbezirken hat. Diese sind für ihre Abteilun- gen, die Wirtschaftlichkeit und den praktischen Naturschutz zuständig.

  16 Millionen Hektar Naturwald werden lokal betreut. Diese Gebiete sind für illegale Rodung und Waldbrände sehr anfällig. Wir hoffen, dass wir das durch unsere laufende Forstver- waltungsreform ändern können. Dabei ist der Austausch mit den Kollegen von ForstBW sehr hilfreich.

  GIZ: Warum ist internationale Zusammenarbeit für den Indonesischen Klimaschutz so wichtig? Hernowo: Die Ursachen des Klimawandels sind globaler Natur. Darum können wir nur durch in- ternationale Zusammenarbeit Defizite ausglei- chen und Lösungsstrategien entwickeln. Wir müssen Wissen austauschen und gemeinsam handeln. Durch akademischen, technischen und wirtschaftlichen Austausch können wir besser voneinander lernen und Lösungen finden.

  Regierungspräsidium Freiburg Bertoldstraße 43, 79114 Freiburg

  www.rp.baden-wuerttemberg.de

28 August

  Faktoren der forstlichen Planung

  Die Forsteinrichtung ist ein Planungsinstrument das die sachkundige, pflegliche und nachhaltige Bewirt- schaftung des Waldes sicherstellt. Forstliche Planung wird aufgrund von Waldverwüs- tung der holznutzenden Gewerbe notwendig. Schon im 16. Jahrhundert gab es Bestrebungen den Wald zu schützen und ab dem Jahr 1822 wurde die Forst- einrichtung verpflichtend. In zehnjährigen Abständen findet die Forsteinrichtung statt. Dabei wird der Nut- zungsumfang der nächsten Dekade festgelegt. Die Forsteinrichtung ermöglicht es, die Entwick- lungen des Waldes langfristig zu beobachten. Er- gänzend dazu übernimmt ein Förster die jährliche Begutachtung und Vollzugskontrolle.

  Das Zusammenspiel aus langfristiger Beobachtung und periodischer Inspektion hat eine Kontrollfunkti- on und hilft nachhaltige Waldnutzung zu verbessern.

  FORSTLICHE PLANUNG Planung von Staats- und Kommunalwald Hubertus von der Goltz

  Forstdirektor GIZ: Die forstliche Planung ist Bestandteil des Landeswaldgesetzes. Es beinhaltete viele Richt- linien und Details für Waldnutzung und Forst- wirtschaft in Baden-Württemberg. Was sind die Kernaussagen des Gesetzes? Goltz: In seinen Grundzügen fordert das Gesetz die planmäßige, sachkundige, pfleglich und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes. GIZ: Die strengen Richtlinien des Landeswald- gesetzes sind verbindlich für alle Waldbesitzer, ob staatlich oder privat. Stellen die Gesetze eine Hürde zur wirtschaftlichen Nutzung des Waldes dar? Goltz: Gemeinsam mit dem Waldbesitzer wer- den vor der Forsteinrichtung Schwerpunkte der Nutzung ermittelt. Berücksichtigt werden Pro- duktions-, Erholungs- und Schutzfunktion des Gebiets. Diese Ziele werden dann in der Forst- einrichtung übernommen. Zielkonflikte sollen durch verschiedenartige Nutzung innerhalb eines Forstbetriebs aufgelöst werden. Es ist eine der zentralen Aufgaben der Forsteinrichtung einen Weg zwischen Ökonomie und Naturschutz zu finden. GIZ: Bei der Forsteinrichtung sammeln Sie elektronische Daten über den Wald, seine Größe und den aktuellen Zustand des Gebietes. Die Er- kenntnisse Ihrer Erhebung machen Sie öffentlich zugänglich. Welche Rolle spielt die Digitalisie- rung der Informationen für Ihre Arbeit und den Bürger? Goltz: Die elektronische Datenverarbeitung ist für uns besonders notwendig. Sie dient einerseits zur Erfassung sämtlicher Messun- gen, gleichzeitig können wir vergleichen und abwägen wie sich der Wald über einen langen Zeitraum hinweg entwickelt. Ebenso kann sich die Öffentlichkeit auf einer Internetplattform über den Zustand und die Planung des Waldes informieren. Somit ist die EDV ein notwendiges Werkzeug für uns und ermöglicht es den Bür- gern an sämtlichen Prozessen teilzuhaben. Das ginge ohne digitale Erfassung nicht.

  Regierungspräsidium Freiburg Bertoldstraße 43, 79114 Freiburg

  www.rp.baden-wuerttemberg.de

  • Zielsetzung des Eigentümers, ob privat oder staatlich
  • natürliche sowie standortbezogene Faktoren • klimatische Veränderungen
  • Nachhaltigkeit • Erhalt der Biodiversität

  3 Etappen der Forsteinrichtung Inventur

  • Zustandserfassung in Stichproben • messende Inventur: Größe der Bäume, Vielfalt der Baumarten, Verjüngung und Schäden werden festgehalten

  Monitoring

  • Kontrolle des Betriebsvollzugs der letzten zehn Jahre • Umsetzung vereinbarter Ziele durch Waldbesitzer und Förster wird überprüft
  • Veränderungen der vergangenen Jahre • Entwicklung des Waldes • Wo sind zusätzliche Schäden aufgetreten

  Planung

  • Holznutzung, Eingriffsintensität, Naturver- jüngung und Einrichtung von Pflegeflächen
  • Integration von Naturschutzmaßnahmen

29 NATIONALPARK IM NORDSCHWARZWALD

  August Bannwald „Wilder See“

  Naturschutzzentrum Ruhestein im Schwarzwald Schwarzwaldhochstraße 2 77889 Seebach

  www.naturschutzzentrum-ruhestein.de

  In Baiersbronn wird 1911 eine Fläche von 75 Hektar zum Bannwald erklärt damit sich der Forst von Raubbau und Kahlschlag für Vieh- weideflächen erholen kann. Im Kern des Ge- biets liegt der Wilde See und bietet Nutz- sowie Wildtieren lebensnotwendiges Trinkwasser.

  An den Bannwald grenzt nun auch ein Na- turschutzgebiet. Es zeichnet sich durch lichte Flächen und Hochmoore aus. Dieses Umfeld bietet dem Auerhuhn und anderem Wild idea- le Lebensbedingungen. Im Schutzgebiet findet Bewirtschaftung durch das Forstamt statt, um diesen Lebensraum künstlich zu erhalten, der sonst durch natürliche Sukzession einem ständi- gen Veränderungsprozess unterworfen wäre.

  Herr Ziegler, Forstdirektor in Baiersbronn, erklärt den wesentlichen Unterschied zwischen National- park und Naturschutzgebiet: „ Das Naturschutz- gebiet dient der Erhaltung des gegenwärtigen Zustandes und der Nationalpark fördert den na- türlichen Veränderungsprozess. Was im Natur- schutzgebiet geschieht regelt der Förster. Wie sich ein Nationalpark entwickelt, weiß nur die Natur.“

  Vorteile für die Region

  • Die Errichtung eines Info-Zentrums und Verwaltungssitzes • Neugeschaffene Arbeitsplätze
  • Touristisches Angebot wird erweitert
  • Investitionen in die Infrastruktur und Ausbau des Nahverkehrsnetzes

  Seit fast 100 Jahren ist der Bannwald vom Menschen unberührt. Ab Januar 2014 soll hier mit einer Fläche von 10.000 Hektar der erste Nationalpark Baden- Württembergs entstehen. Das Gebiet dürfte dann zu

  Sorgen der Bevölkerung

  maximal 25% gepflegt werden. In den übrigen 75% des Waldes kann die Natur walten. Der Mensch darf

  • Rückgang der biologischen Vielfalt dabei lediglich beobachten was geschieht.
  • Eingeschränkte Nutzung des heimischen Waldes

  Die Debatte um den Nationalpark erregt die Gemü-

  • nachteilig verändertes Landschaftsbild

  ter. Welche Auswirkungen ein Nationalpark auf die

  • wirtschaftliche Einbußen durch

    Umstrukturierungen des Freizeitangebots Artenvielfalt, den Tourismus und die Beschaffenheit

  des Waldes hätte, ist eine Frage die sich nur im Laufe der Zeit beantworten ließe. In der Zwischenzeit dis- kutieren Politiker und Bürger.

  Nationalpark Vorteile

  • natürliche Dynamik der Wälder kann stattfinden
  • Wissenschaftliche Forschung über Totalreservate
  • 2<
  • Alte Baumbestände speichern mehr CO
  • Totholz verbleibt im Wald • Natürlicher Nährstoffkreislauf

  Nachteile

  • Schädlingsbekämpfung darf nur eingschränkt unternommen werden und könnte sich auf bewirtschafteten Wald ausbreiten
  • möglicher Rückgang der Biodiversität, weil bedrohte Arten nicht mehr geschützt werden

  Naturschutzgebiet Vorteile

  • Flora und Fauna wird von Förstern geschützt
  • Biodiversität wird auf dem Ist-Zustand gehalten und gefördert
  • aktuelle Baumbestände bleiben unverändert
  • Bewirtschaftung erfolgt nur unter Vorgaben die dem Artenschutz dienlich sind

  Nachteile

  • Naturfernes wird unter Schutz gestellt

29 LOTHARPFAD

  August Holzschäden, Bergung, Wiederbewaldung

  Lotharpfad, 72270 Baiersbronn

  www.schwarzwald.com

  Am 26. Dezember 1999 tobt der Orkan „Lothar“ über große Teile Europas. Auch im Schwarzwald richtet er binnen weniger Minuten riesige Schäden an, die bis heute spürbar sind. Insgesamt werden 40.000 Hektar Wald durch „Lothar“ zerstört. Daraufhin muss der sechzehnfache Jahreseinschlag, insgesamt 700.000 m³ Sturmholz, aufgearbeitet werden. Zehn Hektar Sturmfläche werden nicht geräumt, sondern der Natur und ihrer Selbstheilungskraft überlassen. Dort wird 2003 der Lotharpfad angelegt. Über einen 800 Meter langen Steg kann die Sturm- wurffläche erkundet werden. Informationstafeln klären über Sturmschäden, natürliche Wiederbe- waldung und die wachsende Biodiversität auf. Herr Ziegler, Forstdirektor in Baiersbronn, erklärt warum die Sturmwurffläche belassen wurde: „Es soll einerseits gezeigt werden, wie Sturmschäden von diesem Ausmaß aussehen. Andererseits wird deutlich, was mit dem Totholz passiert wenn es nicht geräumt wird und wie die Natur damit fertig wird.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier schonungs- los gerodet, um Reparationszahlungen leisten zu können. Im Anschluss an diesen Kahlschlag wer- den schnell wachsende Fichten in Monokulturen gepflanzt. „Der Lotharpfad zeigt,“ so Ziegler „dass Wälder natürlich anders wachsen als mit mensch- lichem Einwirken. Die Wälder sind für gewöhnlich strukturreicher, haben eine höhere Biodiversität, sind dichter bewachsen und weniger anfällig für Schädlinge und Krankheiten. Wir sehen wie sich der Wald selbstständig regeneriert und welche Bäume sich auf natürliche Weise durchsetzen.“

  Indra Kumara

  Head of Planning Division of Kapuas Hulu Forestry Administration District Office GIZ: Herr Kumara, zu Ihren Aufgaben ge- hört die Betreuung eines Gebiets mit zwei Nationalparks in West-Kalimantan. Welche Bedeutung haben die Naturreservate für Ihre Arbeit.

  Kumara: In meiner Obhut ist ein Gebiet mit dem größten Torfwald, vielen Seen und der Quelle eines Flusses, welcher das gesamte Gebiet südlich des Parks mit sauberem Was- ser versorgt. Nur 20% der von mir betreuten Fläche können forstwirtschaftlich genutzt werden. Also müssen wir, um ökonomisch zu bleiben, in den ökologisch vertretbaren Tourismus investieren. Unser Plan für die nächsten fünf Jahre sieht vor, den Ökotou- rismus-Sektor auszubauen. Dafür muss die Infrastruktur ausgebaut und Freizeitangebo- te erweitert werden.

  GIZ: Bei der Einrichtung des Nationalparks in Baden-Württemberg reißen die Diskussi- onen nicht ab. Zur Auflösung der Konflikte werden demoskopische Umfragen durch- geführt und die Bevölkerung in den Ent- scheidungsprozess mit einbezogen. Welche Schlüsse ziehen Sie dabei für Ihre Arbeit? Kumara: Besonders interessant war das Konfliktmanagement in der Debatte um den National Park im Schwarzwald. Sozia- le Forstwirtschaft bekommt in Indonesien immer größere Bedeutung. Auch wir wollen mit der Lokalbevölkerung kommunizieren, um schließlich gemeinsam zufriedenstellen- de Lösungen zu erarbeiten.

30 August

  FORSTLICHE VERSUCHS- UND FORSCHUNGSANSTALT BADEN-WÜRTTEMBERG

  Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) ist eines der größten deutschen Institute auf diesem Gebiet. Die FVA ist dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbrau- cherschutz in Stuttgart zugeordnet und organisato- risch mit ForstBW verbunden. Die praxisorientierten Studien des Betriebsforschungsinstituts orientieren sich an den Anliegen der Forstwirtschaft. Davon pro- fitieren sowohl private, kommunale und staatliche Wälder, aber auch die internationale Klimaforschung.

  Das Institut wird zu 65-70% durch den Staatshaushalt finanziert. Die Gelder sind für Forschungsprojekte und Personalkosten vorgesehen. Zusätzlich erhält die FVA Drittmittel von Forschungsinstituten und der Europäischen Union. Seit bereits 130 Jahren wird in der FVA Wissenschaft betrieben. Heute sind 210 Mitarbeiter in der For- schungsanstalt tätig und setzen sich mit kritischen Fragen zu Wald- und Klimawandel auseinander. Die FVA ist in neun Abteilungen organisiert. Die Di- rektion ist für administrative Tätigkeiten wie Contro- ling und Verwaltung, aber auch Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Die übrigen acht Abteilungen widmen sich der Erforschung des Waldes unter sozial- und naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten. FVA – Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Wonnhaldestraße 4, 79100 Freiburg im Breisgau

  www.fva-bw.de

  Struktur der FVA Waldwachstum Versuchsflächennetz, Qualität und Schadanfäl- ligkeit, Wachstum und Umwelt, Wachstumssi- mulation Waldnaturschutz Forstpflanzenzüchtung, Waldgenetik, Wald- schutzgebiete, Standortskunde und Standortskartierung, Waldbiotopkartierung, Wildtierökologie Boden und Umwelt Forstliches Umweltmonitoring, Wald und Wasser, Regionalisierung von Bodendaten, Bodenphysik, Waldernährung und Melioration, Stoffhaushalt von Wäldern Waldschutz Integrierter Waldschutz - Forstpathologie, Schädlingsüberwachung und Prognose Wald und Gesellschaft Nachhaltigkeit und multifunktionale Wald- wirtschaft, Erholung und Tourismus im Wald, Landespflege Waldnutzung Holzernte und Logistik, Vermessung und Sortie- rung, Angewandte Holzforschung, Produkte und Vermarktung, Energieholz Forstökonomie Testbetriebsnetze, Ökonomie der Forstwirt- schaft, Forstbetriebliches Management, Mehrdi- mensionale Instrumente Biometrie und Informatik Waldinventuren, Modellbildung, Klimafolgen- forschung und integriertes Risikomanagement, Softwarelösungen, Statistik und GIS-Beratung,

  IT- und GIS-Technik Medizintechnik in der Holzverarbeitung

  Ein aktuelles Forschungsprojekt der FVA ist: „What Makes Wood so Attractive?“ Marktpsychologisch wird untersucht, welche natürlichen Eigenschaf- ten auf Holzoberflächen positiv vom Konsumenten wahrgenommen werden. Auf dieser Basis werden technische Verfahren entwickelt, um Stammholz besonders rohstoffschonend zu verarbeiten.

  Zu Forschungszwecken werden frisch gefällte Baum- stämme in einem Computertomographen (CT) mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Die innere Baum- struktur wird dabei millimetergenau visualisiert und ermöglicht in der dreidimensionalen Ansicht mangel- hafte Stellen wie Astlöcher, Risse und Harzeinschlüs- se zu erkennen. Der Vorteil ist, dass der Prozess bereits vor dem Zuschnitt abläuft. Das bildgebende Verfahren verhilft ein optimales Schnittmuster zu erstellen und Holz ökonomisch zu verwerten.

  Die wirtschaftliche Relevanz des Projekts beschreibt die wissenschaftliche Verantwortliche Franka Brü- chert: „Alle brauchen Industrieholz aber es ist ein be- grenzter Rohstoff. Je weniger die Produzenten ver- schneiden, umso weniger Rohstoff muss dem Wald entnommen werden und umso höher ist der Ertrag.“

  Franka Brüchert

  Wissenschaftliche Verantwortliche des Forschungsprojekts „What Makes Wood so Attractive?“ GIZ: Ihre Forschung hat gerade erst begon- nen und die Verwendung von Computer- tomographen ist in der Holzindustrie kaum verbreitet. Welche Vorteile könnten sich für die Produktion aus Ihrer Langzeitstudie ergeben? Brüchert: Das Gerät befindet sich in der frühen Testphase und steht erst am Anfang der industriellen Implementierung. Dank unserer Forschung werden wir den Rohstoff Holz besser und effizienter nutzten können, indem wir mit geringeren Verlusten sägen.

  Welche konkreten Anwendungsgebiete für diese Technik in Frage kommen, muss sich in Zukunft noch herausstellen. GIZ: Wenn Sie weniger Ressourcen verbrau- chen ist das vorteilhaft für den Umwelt- und Klimaschutz, aber das würde eine sinkende Nachfrage der Rohstoffe bedeuten. Sinkt da nicht die Gewinnmarge für Waldbesitzer und die holzverarbeitende Industrie? Brüchert: Es gibt durchaus Kritik von der Holzindustrie. Die einen sagen, wir würden ihr Holz schlecht machen, die anderen fürch- ten um ihre Gewinne. Aber fest steht, dass Schnittholz und Konstruktionsholz eine hohe Güteklasse, brauchen um marktfähig zu bleiben. Wir können durch unsere Verfahren mehr erkennen und das Ausgangsmaterial optimal nutzen. Das Holz bleibt das gleiche, aber die Qualität des Endproduktes wird gesteigert. Das wird sich sicherlich am Wert des Holzes bemerkbar machen. Ich denke, dass sich unsere Technologie bezahlt macht.

  Klaus von Wilpert