Serial Nation Amerikanische TV Politdram

Martin Lampprecht
Université d’Aix-Marseille

Serial Nation:
Amerikanische TV-Politdramen als Visionen der Macht
Vortrag am 17.11.2015
Atlantische Akademie / Technische Universität Kaiserslautern

In den vergangenen ca. fünfzehn Jahren ist ein Boom des political drama zu
verzeichnen, der speziell amerikanischen, aber erfolgreich auch in anderen
Ländern adoptierten Form der „Polit-Serie“, man denke etwa auch an Borgen
in Dänemark, das mit großem Erfolg in Deutschland und Frankreich
vermarktet wurde.
Als weitreichendes Phänomen berührt das Politdrama auch zahlreiche
Subgenres wie etwa den Polit-Thriller. Wie beliebt das Genre ist, und wie
dehnbar, zeigen darüberhinaus auch überdrehte Parodien wie Scandal, Veep
oder Parks and Recreation. Ich werde hier allerdings von „Political dramas“ im
engeren Sinn sprechen, die Polit-Komödie, der man einen eigenen Talk
widmen könnte, also einmal ausklammern.
Interessant an dieser neueren Entwicklung ist u.a., dass das politische Drama,
das über Jahrhunderte zum Grundbestand der westlichen Literatur und

Imagination gehörte (Die Perser von Aischylos, Shakespeare, Schiller), im 19.
und stärker noch im 20. Jh. ja etwas ins Hintertreffen der Populärkultur geriet
(obgleich es nie wirklich verschwand). Wir erleben also gerade auch die
vielleicht etwas überraschende Renaissance eines Genres im Medium des
Fernsehens.

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Wie lässt sich der erstaunliche Boom dieses Genres erklären und welche Rolle
spielt das serielle Format hierbei? Wie „funktionieren“ Politdramen?
Zunächst eine definitorische Frage: Was ist eigentlich ein political drama?
Offenkundig gibt es hier Abstufungen: Politische Elemente enthalten ja viele
Serien.
Als political drama im engeren Sinn sollten daher Serien verstanden werden ,
in denen eine explizite Behandlung politischer Prozesse und Institutionen
stattfindet.
Drei Typen, zwischen denen man versuchsweise unterscheiden könnte, auch
wenn die Abstufungen letztlich graduell sind:
- Serien, in denen Teilhandlungen politische Prozesse, Entscheidungen und
Milieus thematisieren, in denen das Politische also quasi „zu Gast“ ist (The

Good Wife).
- Serien, die nicht vordergründig im politischen Milieu angesiedelt sind, die
aber sehr explizit und in für ihre Dramaturgie konstitutiver Weise politische
Prozesse und Probleme behandeln: Die Bildung und Perpetuierung von
Gemeinschaften, Rechts- und Verfassungsfragen, Legitimität, das
Spannungsfeld zwischen Politik und Ethik, Leadership (Deadwood, Battlestar
Galactica).
- Serien, die sich genau solche Fragen stellen und die zudem explizit im
politischen Milieu angesiedelt sind. („White House Dramas“, Serien, in denen
die institutionelle Welt der Berufspolitik aufgeblättert wird).The West Wing
kann für dieses Kerngenre als Urtext gelten, auf den sich auch viele neuere
Serien noch beziehen. Auch eine aktuelle Serie wie House of Cards ist sich
dieser Genealogie äußerst bewusst und spielt damit in vielfältiger Weise.
Das Genre der Politserie ist in sich selbst ein faszinierendes Phänomen, stellt
sie doch zunächst einmal vor allem ein dramaturgisches Grundproblem dar.
Es fallen dabei zwei Faktoren ins Auge: zum einen ein Problem, zum anderen
ein quasi natürlicher Vorteil des Politischen als Stoff.
Das Problem, das sich jedem Drehbuchschreiber stellt, lautet: Wie kann
Macht erzählt werden? Macht ist ja zunächst einmal etwas Abstraktes, zudem
etwas höchst Vernetztes. Wie kann Macht sichtbar und dramaturgisch fassbar

werden?
Dieses Problem stellt sich dem modernen Politdrama in einer historisch
spezifischen Form. Die Frage könnte heute konkret lauten: Wie kann
moderne, d.h. demokratische Politik fernseh- und fiktionswirksam
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dramaturgisch aufbereitet werden? Denn die politische Praxis
zeitgenössischer Demokratien ist ja an sich kein Thema, das an sich selbst für
fesselnde Dramatik oder sensationelle Schauwerte sorgen würde. Die
Alltagswirklichkeit der Politik ist ja nicht von dramatischen Krisen,
geschichtemachenden Entscheidungen, Heldentaten, Schurkenstreichen und
dramatischen Wendungen in letzter Sekunde bestimmt, sondern von
Bürokratie, langwieriger Ausschussarbeit, institutionalisierten Strukturen
und der fortlaufenden Aushandlung des politischen Kleinklein. Es ist in der
Realität im Laufe des 20. Jh. zumindest ist weiten Teilen der westlichen Welt
zu einer Entdramatisierung der Politik gekommen, die durch zwei Faktoren
bestimmt ist: das Recht und die moderne Demokratie, die beide zu einer
Formalisierung, Verzögerung, Institutionalisierung, Ritualisierung und
Dezentralisierung politischer Entscheidungen führen.
Hingegen hat das Politische als fiktionales Themenfeld aber auch einen

Vorteil: Und dieser liegt in der Struktur der Serialität selbst. Denn das
Politische ist ja selbst seriell verfasst, und dies in der modernen Welt um so
expliziter: Wahlen, Legislaturperioden, Nachrichtenzyklen sind serielle
Grundparameter realen politischen Gestaltens, die in die serielle Fiktion
unmittelbar einfließen. Strukturalistisch gesprochen könnte man sagen: Ein
politisch-institutionelles Paradigma
(Verfassung, Recht, staatliche
Institutionen) gibt ein bleibendes Gerüst vor, das durch wechselnde
Syntagmen (Regierungen, Legislaturperioden, Debatten, Initiativen) realisiert
wird. Auch hier kann The West Wing als Paradebeispiel dienen, da die Serie
die reale Zyklizität des amerikanischen Regierungsprocederes zum
Strukturmerkmal ihrer Staffeldramaturgie erhebt.
Auf das Grundproblem der Dramatisierung des Undramatischen hat die
amerikanische Politserie unterschiedliche Lösungen gefunden. Es lassen sich
aber drei dramaturgische Grundmuster finden, die sich quasi in modularer
Weise in allen Politdramen wiederfinden, wobei bestimmte Serien eben auch
als quasi „Idealverkörperung“ je eines dieser Grundmodelle gelten können.
Ich werde im Folgenden auf diese dramaturgischen Grundformen näher
eingehen und sie jeweils anhand von einer oder zwei idealtypischen Serien
veranschaulichen.

Die drei Typen entwickeln nicht nur unterschiedliche dramatische
Konstellationen, sie geben auch drei grundverschiedene Antworten auf die
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Frage nach dem Politischen – die Frage, was das Politische eigentlich
ausmache.
Hier ist eine Unterscheidung zwischen Politik (policy/politics) bzw. dem
Politischen (the political) gegeben. Meine These ist eben, dass political
dramas auf interessante Weise nicht allein mit politics befasst sind, sondern
in fiktionaler und zugleich spekulativer Form die Frage nach dem Wesen des
Politischen schlechthin stellen. Serien entwerfen Visionen des Politischen
(und ich spreche hier bewusst von Visionen, nicht Repräsentationen: Serien
sind keine Spiegel, in denen sich die zeitgenössische Realität reflektiert
wiederfindet, sondern Labore, in denen diese Realität eben auch geformt
wird: durch das Durchspielen von Ideen, durch das Sichtbarmachen von
Möglichkeiten, durch das Kristallisieren von kollektiven Ängsten und
Hoffnungen).
Die drei aktuellen dramaturgischen Grundmodelle der Fiktionalisierung von
Politik im amerikanischen Fernsehen sind:
- Die Dramaturgie des Ausnahmezustands

- Die Dramaturgie der politischen Aushandlung
- Die Dramaturgie des Königsdramas.
Zur Dramaturgie des Ausnahmezustands:
24 (Fox, 2001-2010, 2014)

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24 entwickelt eine heroische Dramaturgie um einen einzelnen Helden, die
institutionelle Politik ist (im Bild in Gestalt des Kapitols) stets zugleich im
Hintergrund und im Zentrum.
24 ist ein Thriller: Jack Bauer, Geheimagent einer fiktiven Antiterroreinheit,
hat je 24 Stunden, um einen Fall zu lösen und eine nationale Katastrophe zu
verhindern, häufig in Form eines nuklearen Anschlags (der dann in einer
späteren Staffel auch mal passieren darf). Es wird in Echtzeit erzählt (oder
zumindest in Form einer ästhetisch aufbereiteten Echtzeitfiktion).
Entscheidungen werden unter höchstem Druck getroffen. Folter, Gewalt und
die
Opferung
Unschuldiger
sind

permanent
wiederkehrende
Handlungselemente. Die ständige Koordination Bauers mit dem Präsidenten
der USA bringt das Politische der ethischen Grauzonen stets explizit in die
Serie zurück.
Videoclip.
Eine äußerst erfolgreiche Strategie ist die Thrillerisierung des Politischen,
also die Beschwörung des auf Dauer gestellten Ausnahmezustandes. In einer
Serie wie 24 gibt es immer einen Terroranschlag abzuwenden, eine
Verschwörung aufzudecken, Amerika, die Demokratie und das Abendland als
Ganzes zu retten. Politik ist hier stets präsent, sie reduziert sich aber auf die
ständige Erzwingung von Singularentscheidungen in extremis. Das
funktioniert in dramaturgischer Hinsicht durch die Abwechslung von
Suspense, Überraschungselementen und Schockmomenten ethischer
Fragwürdigkeit. Das Argument der Notwendigkeit dient als letzte
Rechtfertigung des Handelns und als Garant des dramaturgischen
Funktionierens. Auch eine auf den ersten Blick so heiter abgeklärte Politserie
wie The West Wing bedient sich der Thrillerisierungsstrategie immer wieder
mit Erfolg. Auf lange Sicht aber, und auch hier ist 24 ein gutes Beispiel, wird
das Dauerfortissimo des state of emergency rasch ermüdend. Das ironische

Epitaph, das auf dem Grabstein der Heldin aus Buffy the Vampire Slayer steht,
würde in Abwandlung eben auch nur zu gut auf den stets gequält ernsthaften
Jack Bauer passen: „He saved the world. A lot.“

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Battlestar Galactica (Sci-Fi Channel, 2003-2009)

Battlestar Galactica bedient sich einer choralen Dramaturgie : eine Gruppe
mit inneren Spaltungen und Spannungen, ja selbst Feindschaften, die die
Handlungsentwicklung bestimmen. Ein mythologischer Überbau mit
religiösen Aspekten ergänzt die traditionellen Konfliktelemente des Genres
der „Military Science Fiction“. Prämisse der Handlung ist die Auslöschung
der Menschheit durch eine durch die Menschen selbst konstruierte
Androidenspezies. Die Serie erzählt die Weltraumodyssee von 50.000
Überlebenden auf der Suche nach einem neuen Lebensraum. Die
Menschheit erscheint hier allerdings als ein Klon der zeitgenössischen USA.
Überhaupt könnte man Battlestar Galactica als die ultimative Post-9/11-Serie
bezeichnen. Trotz des vordergründigen Science-Fiction-Themas handelt es
sich bei Battlestar Galactica doch um ein häufig sehr explizites Politdrama :

Fragen nach Verfassung, demokratischem Prozedere, Menschenrechten,
Kriegsrecht und dem Clash zwischen militärischer und politischer Logik
bestimmen die Serie.
Videoclip.
Wie funktioniert aber diese Dramaturgie des Ausnahmezustandes im
einzelnen?
Der Begriff „Ausnahmezustand“ ist staatsrechtlich vor allem von zwei
Theoretikern beleuchtet worden: Carl Schmitt und Giorgio Agamben.

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Agamben gründet seine Überlegungen zum Ausnahmezustand auf den
römischen Rechtsgedanken des „iustitium“. Ein Innehalten, ein Aussetzen des
Rechts, das sich aber von der Diktatur, von der Anarchie oder auch vom
Naturzustand unterscheidet.
Das Recht ist im Ausnahmezustand in der Schwebe, was zugleich auf
dramaturgischer Ebene ein Element des Suspense mit sich bringt. Das Recht
hat keine Geltung mehr, es ist aber auch nicht aufgehoben, nicht abgeschafft.
Agamben unterscheidet zwei Grundformen des Ausnahmezustandes :
- Verfassungsmäßig : Der sogenannte Notstand. Sicherheitsvorkehrung für

eine Katastrophensituation oder den Kriegsfall. Wir erleben das gerade in
Frankreich. Eine Art „Zweites Recht“ setzt sich an die Stelle des „ersten“.
Dieses zweite ist aber im ersten durchaus vorgesehen.
- Nicht verfassungsmäßig : Der eigentliche Ausnahmezustand : eine
spontane Aufhebung der verfassungsmäßigen Ordnung, die durch diese
selbst nicht gedeckt ist.
Der Ausnahmezustand wird in 24 wie auch in Battlestar Galactica auf sehr
ähnliche Weise narrativ eingeführt.
24 hat – obgleich es sich bei der Serie sowohl ästhetisch als auch narrativ um
eines der innovativsten TV-Experimente der letzten zwanzig Jahre handelt –
im Grunde eine äußerst strenge und repetitive Form. Als « Serial drama » im
engen und amerikanischen Wortsinn erstreckt sich ein narrativer Bogen über
eine gesamte Staffel von 24 Episoden, von denen jede eine Stunde eines Tages
repräsentiert.
In dieses rigide narrative Paradigma fügt sich der jeweilige Handlungsgehalt
der acht Staffeln ein.
Das Muster lässt sich so umreißen : Eine erste Bedrohung (Anschlag,
Zeitbombe o.ä.) wird während der ersten Episode eingeführt. Agent Jack
Bauer von der Antiterroreinheit CTU gilt als einziger als in der Lage, die
Gefahr zu bannen. Bauers Mission ist erfolgreich, wobei er oft auf extreme

Gewalt zurückgreift, auf das Foltern Gefangener, auf die Opferung von
Kollegen und unschuldigen Bürgern, das alles gelegentlich aber bei weitem
nicht immer in kurzfristiger Absprache mit dem Präsidenten. Die erste
Bedrohung wird also neutralisiert (meist so zwischen der 8. und 10. Episode),
worauf sich herausstellt, dass eine zweite, noch viel schrecklichere und
schwerer abzuwendende Gefahr noch im Hintergrund lauert (nach der
konventionellen Bombe kommt nun die Atombombe etc.).
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In jedem Fall wird der Ausnahmezustand durch die absolute und nicht
anzuzweifelnde Notwendigkeit, also durch Sachzwänge, begründet. (Wäre dem
nicht so, würde es sich beim Ausnahmezustand um eine simple
Verfassungsverletzung, mithin um ein Verbrechen handeln.) Dies ist von
äußerster Wichtigkeit für die serielle Dramaturgie des Ausnahmezustandes:
In dem Augenblick, wo der Zuschauer daran zweifeln kann, dass tatsächlich
ein Fall von ultima ratio vorliegt, löst sich die moralische Ambiguität des
Ausnahmezustandes in Luft auf, und sein auf moralische Unschlüssigkeit
gegründetes spannungserzeugendes Moment bräche zusammen. „Absolute
Notwendigkeit“ ist übrigens ein beliebtes Element der Rhetorik moderner
TV-Dramen, nicht nur in der Polit-Serie. Man denke an all die stoisch
leidenden Familienväter in der Nachfolge Tony Sopranos, die all das
moralisch und existenziell Unerfreuliche, das im Zentrum der Serien steht,
„tun müssen“, auch wenn die Lust und die moralische Überzeugung längst
fehlen. Notwendigkeit und Pflichterfüllung auch jenseits allgemein
akzeptabler moralischer Normen sind somit Teil jener stoischen und coolen
Männerfiguren, die seit nun mehr als fünfzehn Jahren fest zum
Figurenarsenal des „Quality TV“ gehören.
Dramaturgisch öffnet der Ausnahmezustand gewissermaßen eine Parenthese
in der Handlung: Als „Ausnahme“ muss er irgendwann sein Ende finden,
muss die rechtliche Abzweigung wieder in den rechtlichen Normalzustand
zurückgebogen
werden
und
dieses
abzusehende
Ende
des
Ausnahmezustandes wird zum narrativen Motor, der den Zuschauer zum
Weiterschauen motiviert: Wann und wie wird der Ausnahmezustand sein
Ende finden? Und zweitens: Wie wird er letztendlich und unabweisbar
moralisch gerechtfertigt werden? Die erste Frage wird am Ende der Serie
beantwortet. Dass die zweite keine verbindliche Antwort findet, macht einen
Großteil am Reiz der Serie aus und erklärt, warum 24 von Anfang an so
aufgeheizte politische Debatten unter Fans, unter Intellektuellen, unter
Gegnern und Verteidigern entzündet hat. Die Logik des Ausnahmezustandes
öffnet also eine Klammer, die nie wirklich vollständig geschlossen wird, sie
bringt die Verheißung eines in jeder Hinsicht befriedigenden Endes, die aber
immer zumindest teilweise auch enttäuscht wird.
Der Ausnahmezustand als dramaturgisches Instrument setzt also in 24,
Battlestar Galactica und verwandten Politdramen eine merkwürdige doppelte
Logik in Gang: einerseits eine spannungserzeugende Logik des Aufschubs
und des Ausstands: Die Katastrophe ist noch nicht eingetreten, sie könnte
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jederzeit eintreten, sie könnte vielleicht noch aufgehalten werden. Und im
selben Zuge steht auch das moralische Urteil über die Handlungen der
Helden noch aus. Andererseits stellt der Ausnahmezustand aber auch eine
Explosion des Erzählens dar: Die etablierten Regeln gelten nicht mehr, die
Berechenbarkeit der Handlung minimiert sich zumindest augenblicksweise.
Der Ausnahmezustand bildet gewissermaßen eine Form von Ekstase: Der
Staat selbst ist außer sich, denn er steht außerhalb des Gesetzes.
Dieses ekstatische (und damit erschöpfende) Außer-sich-Sein erfasst die
Schlusssequenz der Szene aus Battlestar Galactica (S01E01 „33“, Schluss), die
wir eben gesehen haben: War die Entscheidung richtig? Hat sich die
verstörende Aufopferung von Gesetz und Ordnung wenigstens gelohnt? Wir
werden es nie wissen.
Zur Dramaturgie der politischen Aushandlung:
Eine andere Möglichkeit als die Dramatisierung des Ausnahmezustandes
bietet der Weg, den The West Wing, das „Mutterschiff“ aller modernen
Politserien geht.
The West Wing (NBC, 1999-2006)

Ein Gruppendrama, eine eingeschworene Mannschaft, Teamgeist als
dramaturgisches Grundmoment. Der Blick geradeaus, in die Augen des als
homogen gedachten Publikums, das hier für die ganze Nation einsteht :
Diese Serie, das erzählt und dieses Bild, richtet sich direkt an den Zuschauer,
und zwar mit dem Geist des politischen Redners, also in jenem „oratorischen

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Modus“, den Michel Chion als ein Hauptcharakteristikum des
amerikanischen Kinos ausmacht.
The West Wing erzählt die Abenteuer eines fiktiven amerikanischen
Präsidenten und seiner Berater quer durch zwei Amtszeiten. (Wohlgemerkt:
Seiner Berater, nicht seines Kabinetts, und auch das Parlament hat eine sehr
untergeordnete Rolle. Politik wird in The West Wing im Weißen Haus
gemacht, alle anderen verfassungsmäßigen Instanzen politischen
Entscheidens sind hier lediglich Fußnoten der Präsidialdemokratie). The West
Wing ist eine liberale Fantasie mit Volksbildungsauftrag, die den Zuschauer
spielerisch mit den institutionellen Funktionsweisen der amerikanischen
Demokratie vertraut macht und zugleich Fragen politischer Ethik verhandelt.
The West Wing geht über weite Strecken deutlich anders vor als 24 oder
Battlestar Galactica: Hier wird das politische Alltagsprocedere selbst zum
dramaturgischen Treibstoff. Und da das an sich zu langweilig wäre, muss es
formal
aufbereitet
werden
als
die
Abenteuer
einer
wild
zusammengewürfelten Schar von smartest guys in the room. Politisches
Alltagsgeschäft wird so verdaulich gemacht, als ein nicht enden wollendes
Feuerwerk von Pointen und Wisecracks, Rivalitäten und Reibereien,
Phrasendreschereien
und
Prinzipienreiterei,
Kompromissen
und
ideologischem Sendungsbewusstsein. Die filmästhetische Form des walk and
talk wird zum dramaturgischen Rückgrat der Serie selbst: Der Rhythmus
hektischer Schritte in den Gängen des Weißen Hauses findet sein Pendant in
den ebenso hektisch erhitzten Schlagabtauschen des so gewitzten wie
witzigen Personals. Der rhetorische Grundcharakter der Politik wird hier zum
Generator des dramatischen Potentials: Politik präsentiert sich als der
immerwährende freundschaftliche Wettstreit einer Horde großer Jungs, die
in ihrer inneren Entwicklung den Debattierclub der Harvard Law School nie
verlassen haben.
Der große Vorteil dieses Formats, das Politik als eine dauernde geistige
Hochseilübung imaginiert, besteht darin, dass es ermöglicht, reale politische
Inhalte zu verhandeln, die über die frenetische Lösung hocherhitzter und
flüchtiger Krisensituationen hinausgehen. Dieses Potential auf hohem
Qualitätsniveau immer wieder zumindest versuchsweise nutzbar gemacht zu
haben, ist das bleibende Verdienst von The West Wing: Wie alle von Aaron
Sorkin kreierten Serien ist The West Wing ein im Grundton heiteres
Ensemblestück mit volkspädagogischer Absicht – ein vergnüglicher
Crashkurs in Strukturen und Institutionen amerikanischer Politik, und
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zugleich eine entspannte Reflexion über Möglichkeiten und Grenzen
demokratischen Handelns.
Videoclip.
Hier wird deutlich, welche politische Botschaft sich mit der narrativen Form
von The West Wing verbindet: Die Serie inszeniert auf anschauliche Weise das
amerikanische Grundprinzip der „checks and balances“, wobei man hier den
Vorteil hat, immerwährend unter guten Freunden zu sein.
Der Präsident gerät in dieser Szene in die Versuchung, jene geballte Macht,
die ihm demokratisch anvertraut wurde, militärisch auszuspielen. Er könnte,
und er dürfte dies. Wäre es aber auch politisch geboten? Und moralisch
gerechtfertigt? In diesen Leerstellen, die das Recht nicht mit Antworten
gefüllt hat, operiert die Politik, wie sie The West Wing in Szene setzt: Leo
McGarey, der alte Freund, enge Berater und Stabschef des Präsidenten,
springt ihm zur Seite bzw. in den Weg. Richtige, also nachhaltige Politik wird
im freien Meinungsaustausch unter aufgeklärten Individuen entwickelt. An
die Stelle der dezisionistischen, immer an den Grenzen des Rechts
operierenden Logik von 24 oder Battlestar Galactica tritt hier eine prozessuale
Ordnung: Auch in The West Wing tastet man sich vor in ungewisse Bereiche.
Anders als in 24 geht es aber nicht um Entscheidungen, die getroffen werden
müssen, weil überwältigende Sachzwänge sie einem diktieren: Vielmehr geht
es gerade darum, den Freiraum auszuloten, den die Sachzwänge lassen, und
diesen als demokratischen Freiraum im fortwährenden Gespräch politisch zu
besetzen. Das Recht, dies aktiv zu tun, Politik also zu gestalten und auch
durchzusetzen, steht denjenigen zu, die es sich durch Talent, Arbeit und
ethische Haltung, also meritokratisch, selbst erworben haben und denjenigen,
denen es – im Idealfall aufgrund eben dieser Tugenden – durch freie Wahl,
also demokratisch, zugesprochen worden ist.
Was 24, Battlestar Galactica und andere auf dem katastrophischen Szenario
des Ausnahmezustandes basierende Dramen von The West Wing
unterscheidet, ist die grundsätzlich unterschiedliche Vision von politischer
Macht, die die jeweiligen Serien entwerfen:
Für 24 ist Macht gleichbedeutend mit Souveränität, ganz im Sinne Carl
Schmitts: Souverän ist, wer Herr über den Ausnahmezustand ist, wer also in
der Lage ist, in der äußersten und vom Recht nicht vorgesehenen
Entscheidungssituation zur Not auch gewaltsam die Zügel in die Hand zu
nehmen und den Staat zu retten, indem er ihn temporär abschafft. Für The
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West Wing hingegen gründet sich Macht auf Autorität, im Sinne Hannah
Arendts: also auf ein Wort, das mehr Bindungskraft besitzt als der freie
Austausch von Argumenten unter Gleichen; zugleich aber weniger rigide und
zwangsgeladen ist als ein Befehl. Das prozessuale Politdrama kommt also,
näher besehen, ganz protestantisch und theologisch daher: Als die
Inszenierung eines Fleisch (bzw. hier: Staat) gewordenen Wortes, das mit
höchster Wirkungsmacht aufgeladen ist.
Zur Dramaturgie des Königsdramas:
Es bleibt für die Dramatisierung des Politischen im Wesentlichen eine dritte
Möglichkeit, und eben diesen Weg geht beispielsweise die aktuelle
Erfolgsserie House of Cards:
Das Politische kann gewissermaßen entkernt, auf das bloße Funktionsgerüst
individueller Aktionen und Motivationen reduziert werden. Politik erscheint
in dieser Perspektive nicht länger als Aushandlung von Inhalten,
Entscheidungen oder Ideologien: All dies ist nichts weiter als das flüchtige,
historisch wechselnde Material eines tiefergehenden und letztlich
anthropologischen Dramas: der Machtkampf herausragender Individuen, das
Spiel übermächtiger Ambitionen, die Selbstbehauptung überlebensgroßer
Männer und die damit einhergehende Vernichtung minderwertiger
Individuen, die ihnen im Weg stehen – Politik als Fortsetzung des Krieges mit
anderen Mitteln.
Die politische Sphäre ist hier nichts weiter als ein relativ beliebiges
Ökosystem, in dem sich die Handlung entfalten kann, eine Bühne für die
Passionen und Intrigen der agierenden Heroen. Und natürlich kann
demokratisches Procedere in diesem Kampfszenario des survival of the fittest
nicht mehr bedeuten als eine Fassade und Rahmenkonstellation: Denn in
Wahrheit haben wir die fiktionale Welt von The West Wing, die sich für reale
politische Positionen in realen demokratischen Handlungsgefügen
interessiert, hier längst verlassen: Wir befinden uns nicht mehr im Bereich
der zeitgenössischen demokratischen Wunscherfüllungsphantasie, sondern
in dem wesentlich archaischeren Feld des Königsdramas.

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House of Cards (Netflix, 2013- )

Ein Duo im Dunkeln, ein fatales Paar, zwei intim verbundene und einander
ergänzende Protagonisten. Zwei Verschwörer.
Wie auch The West Wing ist House of Cards ein „White House drama“: Die
erfolgreich Politserie erzählt die Karriere des Machtmenschen Frank
Underwood, eines vollkommen skrupellosen Südstaaten-Abgeordneten, der
sich über ein Reihe vertrackter Intrigen zum US-Präsidenten aufschwingt. Ein
eiskalter Taktiker der Macht. Ein Mörder. Schlimmer noch: Ein Agnostiker,
vielleicht gar Atheist. House of Cards ist das faszinierende und faszinierte
Porträt eines brutalen und auch kriminellen Self-made man, der, assistiert
von seiner Frau, alle Widerstände überwindet.
Eine Serie, die noch vor ihrer Erstveröffentlichung (von „Ausstrahlung“ kann
man hier wohl nicht mehr sprechen) am 1. Februar 2013, und unabhängig von
Fragen der Originalität und Qualität, Mediengeschichte geschrieben hat:
Es handelt sich bei ihr um die erste von vornherein fürs Internet produzierte
und en bloc veröffentlichte „TV-Serie“, was die medienökologisch
interessante Frage aufwirft, ob Streamingdienste wie Netflix, Amazon etc. die
Avantgarde des TV im 21. Jh. bilden.
House of Cards ist zunächst einmal die Adaption einer Adaption:
Der Urtext der Serie ist eine Romantrilogie von Michael Dobbs, eines
englischen Politikers (Tory) und Beraters Margaret Thatchers vor Beginn
ihrer Amtszeit. Dobbs wird gemeinhin als berühmt-berüchtigter politischer
Fixer charakterisiert. Er geht der Schriftstellerei als Hobby nach und schreibt
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einen satirischen Politroman um einen machtgierigen, konservativen
Abgeordneten des britischen House of Commons, dessen (konservativneoliberale) sozialrevolutionäre Radikalität weit über die der Iron Lady
hinausgeht und der am Ende der ersten Buchs Prime Minister sein wird. Auf
den Erfolg des ersten Bandes House of Cards (1989) folgen zwei weitere, To Play
the King und The Final Cut.
Anfang der 90er Jahre wird die Trilogie in Form von drei je vierteiligen
Miniserien durch die BBC fürs Fernsehen adaptiert. Die erste Staffel von
House of Cards USA hält sich noch relativ eng an die Vorlage, ab der zweiten
entfernt sie sich zwangsläufig immer weiter.
Videoclip.
Erneut begegnet uns ganz zu Beginn der ersten Episode von House of Cards
das Thema der Notwendigkeit. Die Kälte, die sich hinter diesem Motiv
verbirgt, wird bei House of Cards unmittelbar ausgespielt. Der Reiz der Serie ist
gerade, dass sie uns in intime, also identifikatorisch warme Nähe zu einer
durch ihren Kontakt mit der Macht vollkommen kalten Figur bringt.
Wenn ich im Zusammenhang von Serien wie House of Cards von
„Königsdramen“ spreche, so verweist dies hier ganz wörtlich auch auf die
versteckte Genealogie der Serie: Die Welt der Shakespeareschen
Schurkenkönige stand als Modell bereits ironisch gebrochen hinter Dobbs’
Romanen: Der skrupellose Emporkömmling im politischen Milieu, der durch
Manipulation die Macht an sich reißt. (Nicht umsonst hatte Hauptdarsteller
Kevin Spacey ein Jahr vor Beginn von House of Cards in einer gefeierten
Bühnenproduktion den Ur-Intriganten Richard III. gespielt.)

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Genau wie Richard nutzt Frank Underwood alle Tricks aus dem Handbuch
der Intrige. Er täuscht seine Gegner und zwar durch verschiedene Strategien:
- Er lügt unverhohlen.
- Wenn er nicht gerade lügt, so verschweigt oder verschleiert er zumindest die
Wahrheit.
- Und eine dritte, besonders raffinierte Taktik, auf deren Beherrschung Frank
besonders stolz ist: Er manipuliert den Gegner dahin, genau das Gegenteil
von dem zu tun, was Frank ihm in scheinbar bester Absicht vorschlägt, und
lässt den Gegner damit selbst die Waffe schmieden, mit der er schließlich zu
Fall gebracht werden wird.
- Wenn Frank tatsächlich mit offenem Visier kämpft, so zumeist, um den
Gegner zu bedrohen: Er schüchtert ein, macht unschädlich, erzwingt
Loyalität, wenn nötig auch durch das Mittel der Erpressung.
- Genau wir Richard nutzt Frank stets gern das Gesetz, solange es auf seiner
Seite steht, und seine perfidesten Schachzüge sind oft gerade deswegen so
skandalös, weil sie im hellen Licht der Legalität stattfinden.
- Und genaue wie Richard ist Franks Spiel ein long con, eine mit langem Atem
und stets auf das große Ganze abzielende Verschwörung, die immer auch
einmal Rückschläge hinnehmen oder sogar einkalkulieren kann, und gegen
die sich die kurzsichtigen, auf Augenblickserfolge zielenden Kabalen seiner
Gegner wie politische Sandkastenspiele ausnehmen.
Eine weiteres Shakespeare-Motiv ist augenfällig: Das fatale Paar im Zentrum
der Verschwörung. Claire Underwood agiert als eine Lady Macbeth von
Washington, die kalte Mitverschwörerin, die ihre eigenen Ziele zurückstellt,
um den übergeordneten gemeinsamen Machtambitionen zum Erfolg zu
verhelfen.
Überhaupt ist die Paarkonstellation im Zentrum der Serie eine ihrer
bemerkenswertesten Attraktionen.
Das mag damit zu tun haben, dass ein Geheimnis, das nicht zumindest mit
einer Person geteilt wird, letztlich dramaturgisch uninteressant bleibt: zu
einer Verschwörung braucht es mindestens zwei. Die Intimität der
Verschwörer Frank und Claire bildet einen elitären und insularen Bereich in
der Serie, zu dem der Zuschauer exklusiven Zugang hat: dies trägt zur
affektiven Bindung an die Figuren bei.
Zugleich bildet die Paarbeziehung den einzigen Bereich, in dem Frank und
Claire sich zumindest augenblicksweise offenbaren. Er ist der einzige
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Gegenpol zu der ansonsten so faszinierend perfekt aufrechterhaltenen
Fassade der kalten Persona, die beide kultivieren.
Es ist eine der Ironien von House of Cards, dass diese ansonsten so zynische
Serie zugleich eine im Fernsehen äußerst rare Modellstudie einer
funktionierenden modernen Paarbeziehung ist. Während zeitgenössische TVDramen quasi standardmäßig das Brüchigwerden und Scheitern von Ehen
zelebrieren (Don Draper in Mad Men, Tony Soprano, The Good Wife etc.),
demonstrieren Claire und Frank eine auf absolutes Vertrauen gebaute und
durch stetige bewusste Beziehungsarbeit am Leben gehaltene Erfolgsehe –
eine durch alle Krisen hindurch stabile Harmonie zweier intellektuell
gleichwertiger Partner, die durch Ehrgeiz, Verschwörung und Mord
aneinander gebunden sind.
Dass die beiden Protagonisten dabei über weite Strecken undurchschaubar
bleiben, ist Teil des Erfolgs von House of Cards.
Es gehört ja zu Dynamik des Seriellen schlechthin, dass wir immer noch mehr
wissen wollen, immer näher an die Figuren herankommen, ihnen in die
Privatsphäre ihres fiktionalen Universums folgen wollen. Eine Serie ist gut
beraten, diesem Wunsch immer nur schrittweise und nie zur Gänze
nachzugeben: Die Frustration von Zuschauerwünschen ist eine der
machtvollsten Strategien der Zuschauerbindung.
Es gibt aber nur wenige Serien, deren Hauptfiguren es so nachhaltig
verweigern, sich von uns in die Karten schauen zu lassen. Dies ist um so
ironischer, als ja House of Cards mit der, ebenfalls schon durch die originale
BBC-Serie bei Shakespeare entlehnten, theatralen Technik des aside, also des
beiseite oder direkt zum Publikum Gesprochenen, immer wieder die vierte
Wand durchbricht und uns suggeriert, wir hätten einen privilegierten Zugang
zur inneren Welt des Protagonisten.
Der dann aber nichts als politische Aphorismen zum Besten gibt bzw. sich ein
Vergnügen daraus macht, mit unserer indiskreten Neugier Katz und Maus zu
spielen.
Tatsächlich wissen wir, über seinen Machhunger hinaus, auch nach drei
Staffeln noch recht wenig über Frank und noch viel weniger über Claire.
House of Cards streut Hinweise, weigert sich aber, die Dinge
auszubuchstabieren. So wird etwa das Thema der homosexuellen Neigungen
Franks, das in jeder anderen Serie zu massiver Auseinandersetzung Anlass
gegeben hätte, in House of Cards nur zweimal elegant angerissen – gerade so
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weit, dass jedem Zweifel der Boden entzogen wird – um dann wieder diskret
beiseite gelegt zu werden.
House of Cards funktioniert in seiner Affektdramaturgie daher auch über weite
Strecken als ein Anti-Melodrama: Wir wollen die Figuren Emotionen leben
sehen, werden aber in diesem Bedürfnis stets enttäuscht und damit vertröstet.
Eine Frage drängt sich auf: Wenn House of Cards in Wahrheit ein
Königsdrama ist, haben wir es dann mit dem Paradoxon einer unpolitischen
Politikserie zu tun?
Denn wie wir gesehen haben, führt die Abstrahierung des Politischen auf ein
reines Affekt-, Beziehungs- und Ambitionsgeflecht zu einer Abwertung
politischer Inhalte zugunsten des reinen Personendramas.
Tatsächlich kann man sich House of Cards auch ohne weiteres in einem
anderen Handlungsökosystem als dem des Weißen Hauses vorstellen:
Spielten Shakespeares Königsdramen noch an antiken und mittelalterlichen
Fürstenhöfen, so sind sie heute ebenso gut in der Welt der Justiz (man denke
an Damages), der Werbung (Mad Men), der Mafia oder der Hochfinanz
vorstellbar.
Spielt die Welt der amerikanischen Spitzenpolitik, in der House of Cards
angesiedelt ist, also nichts weiter als die Rolle eines besonders wirkungsvollen
und interesseheischenden backdrops?
Ich denke, man wird diese Frage weitgehend bejahen müssen.
Politische Themen und Positionen, die in House of Cards verhandelt werden,
sind im Allgemeinen in der Tat austauschbar, auch wenn sie stets einen
Bezug zur politischen Aktualität erkennen lassen: Letztlich stellen sie nicht,
wie im Fall von The West Wing, zentrale Interessen der Serie selbst dar,
sondern sind lediglich Vorwände und Anlässe für die Entfaltung von Franks
manipulativem Geschick.
Und generell gilt ohnehin: TV-Politdramen beziehen nicht klar Stellung. Eine
TV-Serie muss unterschiedliche Publikumsgruppen und damit auch
politische Überzeugungen ansprechen (bzw. provozieren) können. Auch The
West Wing, von etlichen Kommentatoren als The Left Wing gebrandmarkt, hat
seine liberale Agenda stets sorgsam ausbalanciert und war nie wirklich als
liberale Utopie konzipiert. Auch House of Cards folgt diesem generellen Zwang
zur politischen Unbestimmtheit, Ausgewogenheit, inneren Widersprüchlichkeit und Ambiguität.
Dennoch überraschen manche der politischen Positionierungen, die Frank
durchläuft. Vordergründig ein Demokrat, scheint er zugleich über weite
17

Strecken der Serie einer durchweg neoliberalen Agenda zugetan, die eines
Tea-Party-Republikaners würdig wäre, und drischt in der zweiten Staffel
rücksichtslos eine Erhöhung des Rentenalters durch den Kongress.
Doch in der dritten Staffel verordnet er der Hauptstadt Washington plötzlich
unter dem Vorwand, den libertären Sinn für wirtschaftliche Eigeninitiative
fördern
zu
wollen,
ein
hochkontroverses
experimentelles
Jobbeschaffungsprogramm, dass so keynesianisch ist, wie es sich seit 1945 kein
Präsident der USA mehr getraut hätte: eine zwar nie klar als solche benannte,
aber doch deutlich erkennbare staatskapitalistische Utopie. Tatsächlich gibt
es nur einen historischen Präsidenten, der in House of Cards mehrfach
genannt und von Frank bereits in der zweiten Staffel bewundernd zitiert wird,
und vor dessen Denkmal er schließlich in der dritten Staffel einen seltenen
Moment des politischen Bekenntnisses zelebrieren wird: ausgerechnet - und
dann wieder, wenn man näher darüber nachdenkt, gar nicht so überraschend
- Franklin D. Roosevelt.
Man kann House of Cards’ New-Deal-Phantasie als naiven Drehbucheinfall
abtun, aber sie zeigt, dass ein generelles Urteil über den vordergründig
unpolitischen Charakter der Serie vorschnell ist. House of Cards mag sich nicht
zentral für Politik interessieren, aber das hindert die Serie nicht daran,
sporadisch und überraschend reale Debatten aufzugreifen und mit
kontroversen politischen Visionen zu spielen.
Tatsächlich sind bei der Frage nach dem politischen Element der Politserie
House of Cards weniger Franks konkrete Positionierungen von Bedeutung als
die generelle Vision des Politischen, die die Serie erkennen lässt, und die man
als ironische Skepsis gegenüber den Möglichkeiten der Politik als solcher
beschreiben könnte.
The West Wing funktionierte gewissermaßen als „Begleitserie“ zur ClintonAdministration. Ihre optimistische Vision präsentierte Politik als machtvolles
Feld der legitimen Gestaltung von Lebenswirklichkeiten. In House of Cards ist
von diesem hochgestimmten Bekenntnis zur Wirkmächtigkeit der politischen
Sphäre kaum noch etwas zu spüren.
Die Nebenfiguren der Magnaten Raymund Tusk und Xander Feng, die im
Lauf der zweiten Staffel immer mehr an Bedeutung gewinnen, stehen für eine
tiefgreifende Durchdringung und Instrumentalisierung der Politik durch die
Wirtschaft. Politische Wirkungsmacht diffundiert in House of Cards: Von der
demokratisch legitimierten Politik in die Wirtschaft, von Amerika nach
China, vom Parlament ins Hinterzimmer, vom institutionell umhegten
Einsatz des einzelnen für das Gemeinwohl zum gesetzlosen Überlebenskampf
18

aller gegen alle in einem erbarmungslosen Paralleluniversum namens
„politische Klasse“.
Die Politikskepsis von House of Cards hat schließlich auch eine ironische Seite:
Denn obwohl Frank letztlich stets seinem Eigennutz folgt und keinerlei
ethische oder politische Skrupel kennt, ist sein politisches Wirken zumeist
unbestreitbar effizient und oft sogar von Nutzen für das öffentliche Wohl. Das
politisch Richtige ergibt sich oft quasi als Nebenprodukt von Franks perfidem
Intrigenspiel: Der dämonische Machtpolitiker Underwood erweist sich nicht
selten als Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute
schafft.
Es wäre aus diesem Grund falsch, das politische Ethos der Serie als
machiavellistisch zu bezeichnen, auch wenn viele der Täuschungsmanöver
Franks direkt aus Il Principe entlehnt sein könnten.
Wie der amerikanische Politikphilosoph Michael Walzer feststellt, geht es
Machiavelli gerade nicht darum aufzuzeigen, wie ein moralisch schlechtes
Individuum zu politischer Macht gelangen kann, sondern im Gegenteil,
welche amoralischen Tricks die politische Notwendigkeit dem guten Führer
aufzwingt, der sich effizient für das Gemeinwohl einsetzen will.
Wenn es einen politischen Denker gibt, in dessen Nähe man House of Cards
rücken könnte, so wäre er vielleicht am Anfang des aufklärerischen 18. Jh. zu
finden, in dem englischen Satiriker und Sozialphilosophen Bernard de
Mandeville, der die Hypothese durchspielt, dass das eigennützige und
letztendlich asoziale Verhalten jedes einzelnen am Ende zum gemeinsamen
Wohlergehen aller in der Gemeinschaft führt – eine Hypothese, die zwar als
Satire formuliert wurde, die aber, wie man nicht vergessen sollte, in mehr
oder minder offener Form jeder neoliberalen Agenda zugrunde liegt.
House of Cards bedient, und auch darin liegt ein Teil des Erfolgs, eine populäre
Politikauffassung, eine Politikvision, die Teil des großen popkulturellen
Narrativs „Das Volk gegen das System“ ist. Diese Vision lautet, verkürzt
gesagt: Die Politik ist schlecht, Politiker sind verdorben, der einfache Bürger
ist entweder ein passiver Nutznießer, ein unbeteiligter Bystander, ein
nichtsahnendes Opfer oder ein zum Scheitern verurteilter moralisch
empörter Résistant.
Die spezifische Pointe von House of Cards besteht jedoch darin, wie die Serie
mit dieser populären Erzählung umgeht: Denn anstatt sie entweder
sentimental zu relativieren und etwa einen „Rest von Anstand“ der
politischen Sphäre zu retten oder aber die diagnostizierte Lage der Dinge
19

wortreich zu beklagen und sich und uns damit auf die Seite der
Rechtgläubigen im Kampf gegen das System zu stellen, wehrt House of Cards
jede moralische Reaktion von vornherein ab und transformiert sie in reines
ästhetisches Wohlgefallen: Als Sophistiqués, die wir nun einmal sind,
verurteilen wir Frank nicht, wir identifizieren uns aber auch nicht moralisch
mit ihm. Wir möchten lediglich mit morbider Neugier und einer gewissen
Bewunderung zusehen, mit welchen Mitteln er sein Intrigenspiel am Laufen
halten wird. Und in dieser Fähigkeit zur moralischen Indifferenz zugunsten
eines rein ästhetisch goutierenden Beobachterhaltung liegt ein
Distinktionsgewinn: Wenn die Politik in der Tat, wie wir anzunehmen geneigt
sind, von Grund auf verdorben ist, dann muss moralische Empörung als
antiquierter Aktionismus erscheinen. Die einzige angemessene und
stilsichere Reaktion kann hier sein, unseren eigenen Fatalismus vollauf
anzunehmen und in der amüsierten Anerkennung unserer eigenen
Machtlosigkeit den Trost eines überlegenen Wissens zu finden.
House of Cards verschafft uns das Vergnügen der Komplizenschaft: Die Serie
lädt uns ein, einen privilegierten Blick hinter die Kulissen der Macht zu
werfen und dort in karikierend übersteigerter Form zu finden, was wir
insgeheim immer schon vermutet haben. Indem wir uns des moralischen
Urteils enthalten und uns damit der kalten Persona Frank Underwoods
annähern, erheben wir uns zumindest augenblicksweise über die Masse der
Naiven und Gestrigen. Mit anderen Worten: Als Fans von House of Cards
feiern wir unsere eigene politische Abgeklärtheit.
In diesem Sinn muss es wohl auch verstanden werden, wenn etwa Jürgen
Trittin in der ZEIT den Realismus der Serie lobt und bekennt: Ja, so
funktioniert Politik. Was will Trittin uns sagen? Dass er seine politische
Karriere mit Hilfe von Mord und Verschwörung vorangebracht hat?
Vermutlich nicht. Worauf er hier Anspruch erhebt, ist vielmehr dieselbe
Komplizenschaft, dasselbe Insidertum, das auch wir als gewöhnliche
Zuschauer der Serie so heiß begehren, das wir aber (im Gegensatz zu ihm, so
will er suggerieren) stets nur als Zaungäste in kleinen Dosen erhaschen
können. Trittin gibt uns zu verstehen, dass er das Spiel kennt, sich auf die
Schliche der Macht versteht, und dass er ein System, das er nicht zu
verändern vermag, dennoch beherrscht, da er es perfekt durchschaut. Er tritt
uns entgegen in der Rolle des stilsicher unterkühlten Realisten, da er weiß,
dass wir ihm die ihm eigentlich als Linkspolitiker zudachte Rolle des
anklagenden Moralisten ohnehin nicht abnehmen würden. Und ganz
zeitgemäß behandelt er die ZEIT-Leser nicht als betroffene Bürger, sondern
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als ästhetisch goutierendes Publikum, das seinen Auftritt vor allem unter
stilistischen Kriterien bewerten wird.
Trittin weiß, was auch House of Cards weiß: dass wir dem integren Idealisten
zwar moralische Anerkennung entgegenbringen, dass unsere Bewunderung
aber insgeheim dem listenreichen Virtuosen der Macht gilt.
Denn Frank Underwood ist ein Modell, ein avantgardistisches Vorbild, ein
ironisch überzeichneter, letztlich aber schlüssiger Entwurf des neuen
Menschen: Hochintelligent, stets perfekt vorbereitet, weder von moralischen
Zweifeln noch von persönlichen Schwächen behindert. Frank schläft wenig,
arbeitet hart und tritt doch stets elegant, frisch und alert auf. Seine knappen
Freizeitstunden nutzt er, um sich im Fitnesskeller und auf dem Joggingpfad
auch körperlich zu stählen für den Krieg: jenen Krieg, der früher einmal
Arbeit hieß. Frank ist ein soziopathischer Verbrecher, doch sein einziges
„Laster“ im konventionellen Sinn besteht in der gelegentlichen Zigarette am
offenen Fenster, die er mit seiner Frau teilt. So ist Frank in vielerlei Hinsicht
ein Übermensch, der perfekte Homo sapiens 2.0, bis ins letzte angepasst an
die Anforderungen der schönen neuen Welt neoliberaler Selbstausbeutung
und Nutzenmaximierung. Wer House of Cards konsumiert, übt sich immer
auch schon auf spielerische Weise für den eigenen Kampf auf dem modernen
Human-Resources-Markt. Von Frank Underwood lernen heißt siegen lernen
– vielleicht besteht darin auch einer der Gründe für den durchschlagenden
Erfolg der Serie bei der neuen, gebildeten chinesischen Mittelschicht.
Auch House of Cards hat seine eigene Vision des Politischen: Während es bei
24 und Battlestar Galactica als die einsame Entscheidung exponierter Männer
in unmöglichen Situationen entworfen wird und in The West Wing als
humanistisches Kammerspiel des immerwährenden, vielstimmigen Dialogs
zwischen wohlmeinenden Experten, ist das Politische für House of Cards ein
existentieller Kampfsport, eine Arena darwinistischer Selbstbehauptung, in
der Intelligenz, Härte und Skrupellosigkeit die Hauptfaktoren der Auslese
sind.
Und auch auf Macht hat House of Cards (ebenso wie andere Königsdramen
wie etwa das in Deutschland weniger bekannte Boss) seinen eigenen
Blickwinkel: Ist sie bei 24 als Souveränität definiert und in The West Wing als
Autorität, so wird sie in House of Cards als eine Art reiner Energie gezeichnet,
als ein unbändiger Gestaltungswille, der schließlich sogar die niederen
Beweggründe der Akteure transzendiert: Denn entgegen dem ersten
21

Anschein ist Frank kein Karrierist, er strebt das Präsidentenamt nicht aus
Prestigegründen oder persönlicher Eitelkeit an, sondern weil sein
ungebremster Wille zur Macht sich Bahn brechen muss, sein Wille, die Welt
zu gestalten. Und so weiß er auch sicher zwischen Geld (verstanden als
Kaufkraft in der Konsumgesellschaft) und wahrer Macht zu unterscheiden
und verachtet all jene, deren Ambitionen sich nicht zielsicher auf letztere hin
orientieren:
Videoclip.

Die Serialität des Politischen und die Politik des Seriellen
Lassen Sie mich abschließend noch ein paar allgemeine Überlegungen zum
Serial Drama als Medium fiktionalisierter Politik anstellen.
Ich habe schon kurz von der Serialität des Politischen gesprochen: von jenen
Zyklen, Wiederholungen, narrativen Spannungsbögen, die nicht nur
Fernsehserien, sondern eben auch die Politik selbst strukturieren (und zum
Teil allererst erzählbar machen).
Wie aber steht es um die Politik der Serialität? Denn auch die Tatsache, dass
über Politik im seriellen Format gesprochen wird, hat natürlich
Auswirkungen auf den Gehalt der jeweiligen Politdramen.
Serialität bietet ungleich mehr Raum für Ambiguität und Offenheit als ein
punktuelles Format wie es etwa der das Hollywood-Politdrama darstellt.
Serien sind mäandernde und proteische Wesen, die es lieben, die Gestalt zu
wechseln, mit sich selbst in Dialog zu treten und sich auch selbst zu
wiedersprechen. Serien können ungemein schnell auf die Außenwelt
reagieren, können sowohl reale Ereignisse und Tendenzen als auch die
Medien- und Zuschauerreaktionen auf die Serien selbst in sich aufnehmen
und thematisieren. Ein Beispiel: Jack Bauers Prozess wegen Kriegsverbrechen
in einer der späteren Staffeln von 24 stellt eine unmittelbare Reaktion der
Serie auf öffentliche Kritik an der dort gebotenen Gewaltdarstellung und
Gewaltlegitimierung dar. Auch dies ist jedoch wiederum ambivalent: Es
handelt sich hier um die Aufnahme kritischer Reaktionen, denen zwar Raum
geboten wird, und die zugleich doch sofort auch wieder entkräftet zu werden
scheinen: Denn Jack Bauer, so will es 24, wird eben mitsamt seiner
verbrecherischen Gewalt gebraucht.
So ist es im Fall einer Serie auch ungleich schwerer als bei einem Film oder
Roman, noch von einer kohärenten „Message“, einer halbwegs klaren
22

Aussagelinie zu sprechen. Politserien ergreifen in der Regel nicht Position
(oder sie ergreifen zumindest sofort darauf auch wieder die Gegenposition
zum eben erst Formulierten). Vielmehr nehmen sie Themen, Ängste,
Spekulationen des Zeitgeists auf und spielen sie fiktional durch, wobei die um
sie entstehenden Debatten Teil des Serienuniversums selbst werden. Serien
sind damit in erster Linie politische Foren, Plattformen, auf denen
Zeitthemen sichtbar und greifbar gemacht, aber nie in eine letztgültige Form
gegossen werden. Ideologie wird in ihnen weniger in Form lokalisierbarer
Statements sichtbar als vielmehr in ihrer Erzählweise, in ihren
wiederkehrenden Szenarien, im Verhältnis, das sie zu ihren Figuren und zu
ihren Zuschauern pflegen. Mehr als eine politische Position entwickeln sie
also das, was ich versucht habe, hier am Beispiel von vier Serien aufzuzeigen:
allgemeine Visionen davon, was Macht, was politisches Handeln im 21. Jh.
ausmachen kann.
Und noch ein zweiter Punkt verdient Aufmerksamkeit: Wir sprechen von TVSerien, also seriellen Formaten, die im Medium des Fernsehens ihr Leben
führen. Was aber bedeutet Fernsehen heute?
Die vier Serien, über die ich gesprochen habe, geben auch ein Bild von der
rasanten Entwicklung des Mediums Fernsehen in den letzten zwanzig Jahren.
Das erste dieser Dramen, The West Wing, in den mittleren bis späten 90er
Jahren konzipiert, entspricht noch ganz dem traditionellen Bild des
Fernsehens als zentralem Massenmedium, als medialem Lagerfeuer der
modernen Gesellschaft. Ähnlich wie das Medium selbst sich, als zentrale und
doch volksnahe Instanz, quasi ex cathedra zu seinem Publikum sprechen
konnte, so spricht auch Jed Bartlet als behäbig wohlwollender TV-Präsident
zum Volk. Das Massenpublikum des Fernsehens (der produzierende Sender
NBS ist kein Kabelkanal, sondern frei zu empfangen) wird in der Logik der
Serie mit der amerikanischen Nation selbst gleichgesetzt, die durch diese
fiktionalisierte Variante der Tagespolitik zugleich gebildet, erbaut und
unterhalten wird.
Sehr viel aggressiver zeigt sich im Vergleich dazu 24: Mit ihrer
avantgardistischen Ästhetik der Atemlosigkeit und der Zersplitterung bezieht
sich die Serie des Murdoch-Senders Fox auf Nachrichtenformate (speziell
natürlich die berüchtigten Fox-News). In ihrer Mischung aus
Informationsoverkill und andererseits dem immerwährenden Gefühl des
Zuschauers wie auch des Helden, über wesentliche Informationen nicht zu
verfügen, ist 24 ein Abbild der zersplitterten Kabel-, und Satelliten23

Medienlandschaft des frühen 21. Jh. Verlässliche Information ist so
lebenswichtig wie rar, und das einzige Mitte

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