Frühkindliche Bildung in Kindertageseinrichtungen

2.1 Frühkindliche Bildung in Kindertageseinrichtungen

Kinder können in der Familie, in außerfamilialen kulturellen Angeboten, aber auch in Kindertageseinrichtungen erste Erfahrungen im Umgang mit künstlerisch-ästheti- schen Erscheinungsformen sammeln. Ziel der damit verbundenen Bildungsprozesse ist es, die ästhetische Wahrnehmung, Darstellung und aktive Gestaltung durch das Kind anzuregen, herauszubilden und zu fördern. Während sich in der Nutzung kul- tureller Angebote von Musik-, Kunstschulen und anderen Organisationen eine sozia- le Selektivität in der Nutzung zeigen kann ( H1.1), werden durch die frühkindliche Bildung in Tageseinrichtungen heutzutage nahezu alle Kinder vor der Einschulung erreicht (vgl. C3). Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, den Kindern unabhängig vom Elternhaus bereits in jungen Jahren erste Zugänge zu kultureller/musisch-ästhe- tischer Bildung zu ermöglichen.

Kulturelle/musisch-ästhetische Bildung im Elementarbereich

Kulturelle/ Kultusministerkonferenz und Jugend-/Familienministerkonferenz haben zusammen

musisch-ästhetische

im Jahr 2004 die musische Bildung im Sinne von ästhetischer Bildung in ihrem „Ge-

Bildung in den

meinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“

als einen von sechs Bildungsbereichen definiert. In Übereinstimmung damit wird in der Länder verankert den von den Ländern entwickelten Bildungs‑ und Erziehungsplänen die Intention, kulturelle/musisch‑ästhetische Bildung in Kindertageseinrichtungen umzusetzen, als wichtiges Bildungsziel formuliert. Dabei wird die musikalische Früherziehung

Bildungsplänen

häufig als eigenständiger Bildungsbereich behandelt ( Tab. H2.1-1web). Auch die Be‑ deutung von Ästhetik und bildnerischem Gestalten wird in den Bildungsplänen hervorgehoben. Auf diese Weise sollen nicht nur die Sinne und Emotionen der Kinder angesprochen, sondern auch deren Fantasie und Kreativität sowie deren personale, soziale, motorische und kognitive Entwicklung gefördert werden.

Kulturelle/musisch‑ästhetische Bildung ist somit ein ebenso verbindlicher wie elementarer Bestandteil der Konzepte frühkindlicher Bildung. Das Lernen vollzieht sich dabei alltagsintegriert, häufig themenübergreifend, also nicht nach Sparten dif‑ ferenziert. Musik fördert beispielsweise das Rhythmusgefühl, aber gleichzeitig auch den Spracherwerb. Daneben werden durch Aktivitäten wie „Musikstücke in Bewe‑ gung umsetzen“ oder „Malen nach Musik“ unterschiedliche Entwicklungsprozesse zu‑ gleich angeregt. Wie viele der intendierten Ziele aus den Bildungsplänen tatsächlich realisiert werden, ist nicht bekannt. So können auch keine Aussagen dazu getroffen werden, wie kulturelle/musisch‑ästhetische Bildung in Kindertageseinrichtungen konkret umgesetzt wird. Eine Studie der Stiftung Lesen weist jedoch darauf hin, dass 87% der befragten Kindertageseinrichtungen Kreativ‑Angebote oder eine (Vor‑)

H Lesekiste zur Sprach‑ und Leseförderung anbieten ( Abb. H2.1-2web). Weiterhin verbrei‑

2 tet sind Vorleseaktionen, Thementage und Ausflüge in die Bibliothek.

Kooperationen von Kindertageseinrichtungen mit kulturellen Bildungsanbietern

Zunehmend haben sich auf kommunaler Ebene Kooperationen von Kindertagesein-

richtungen mit Musik- und Kunstschulen, aber auch mit Bibliotheken, etabliert. Diese der Kindertages- tragen mit zusätzlichen Angeboten zur kulturellen/musisch-ästhetischen Bildung der

Knapp 11%

einrichtungen Kinder in Tageseinrichtungen bei. Im Jahr 2010 haben die öffentlichen Musikschu-

len einen Bildungsplan für die musikalische Früherziehung der unter 6-Jährigen 11 mit öffentlichen entwickelt, der die Bildungspläne frühkindlicher Bildung berücksichtigt. Derzeit Musikschulen kooperieren, nach Angaben des Verbands deutscher Musikschulen, rund 5.400 Kinder- tageseinrichtungen mit öffentlichen Musikschulen, was einem Anteil von knapp 11% aller Einrichtungen entspricht ( Abb. H2.1-1). Dabei arbeiten Fachkräfte musikalischer

kooperieren

11 Vgl. Verband deutscher Muskschulen (VdM) (2010), Bildungsplan Musik für die Elementarstufe/Grundstufe. – Bonn.

Kulturelle/musisch-ästhetische Angebote in Bildungseinrichtungen

Abb. H2.1-1: Anteil der Kindertageseinrichtungen, die mit öffentlichen Musikschulen

kooperieren, 2006 und 2011 nach Ländern (in %)

2006 2011 Quelle: Verband deutscher Musikschulen, VdM-Statistik; Statistische Ämter des Bundes und der Länder,

Kinder- und Jugendhilfestatistik, eigene Berechnungen

k Tab. H2.1-2web

Elementarpädagogik nach Möglichkeit mit den Fachkräften der Einrichtungen zu- sammen, um gemeinsam die musikalische Bildung der Kinder zu fördern.

Während in Westdeutschland rund 10% der Einrichtungen mit öffentlichen Mu-

sikschulen zusammenarbeiten, ist der Anteil in Ostdeutschland deutlich höher (15%) Anteil der mit ( Tab. H2.1-2web). In mehreren Ländern hat seit 2006 die lokale Vernetzung mit öffent- öffentlichen Musik- lichen Musikschulen teilweise deutlich zugenommen. Es gibt Hinweise darauf, dass schulen kooperie- Kindertageseinrichtungen in den Ländern mit einem geringen Anteil an Kooperatio- renden Einrichtungen nen mit öffentlichen Musikschulen – insbesondere in den Stadtstaaten – vermehrt mit in Ostdeutschland privaten Anbietern und anderen Organisationen zusammenarbeiten. Der tatsächliche deutlich höher als in Anteil an Kooperationen von Kindertageseinrichtungen mit Musikpädagoginnen und Westdeutschland

‑pädagogen dürfte daher insgesamt höher liegen. 12 Deutschlandweit gibt es auch

Kooperationen mit Jugendkunstschulen sowie Künstlerinnen und Künstlern, deren genaues Ausmaß nicht näher quantifiziert werden kann.