Innergewerkschaftliche Ressourcen und Arbeits- organisation

4.1 Innergewerkschaftliche Ressourcen und Arbeits- organisation

Professionalisierung zur Bewältigung des Strukturwandels in Region 1

Die Mitgliederzahl der IG Metall in Region 1 ist seit Anfang der neunziger Jahre, als sie ihren historischen Höchststand erreicht hatte, kontinuierlich zurückgegan- gen. Zwischen Ende 2000 und Ende 2010 verlor die IG Metall im Gebiet der

Verwaltungsstelle rund 15 Prozent ihrer Mitglieder. 25 Entgegen der gelegentlich vertretenen Auffassung, der Gewerkschaft würden „die Mitglieder weglaufen“, muss jedoch betont werden, dass nur ein sehr geringer Anteil dieser hohen Mit- gliederverluste auf Austritte wegen Unzufriedenheit mit der gewerkschaftlichen Politik zurückzuführen ist. Es wäre nicht zutreffend, pauschal ein Repräsentations- problem zu unterstellen, analog zu dem, das den erheblichen Mitgliederverlusten der politischen Parteien im gleichen Zeitraum zugrunde liegt. Die entscheidende Ursache des Mitgliederrückgangs der IG Metall sind vielmehr die erheblichen Verluste an beschäftigten Mitgliedern infolge von langfristigem Personalabbau in den Industriebranchen des IG-Metall-Organisationsbereichs. Dies gilt grund- sätzlich auch für die beiden anderen Untersuchungsregionen, wenn auch in unter- schiedlichen Größenordnungen. Die in den expandierenden Bereichen wie IT und Telekommunikationsdienstleistungen in Region 1 hinzugewonnenen Mitglieder können die Verluste schon allein deshalb nicht vollständig kompensieren, weil die Beschäftigtenzahl in der Region auch insgesamt rückläufig ist. Hinzu kommen die Schwierigkeiten der Gewerkschaft, in diesem noch relativ unbekannten Umfeld Fuß zu fassen. Dennoch konnte die negative Mitgliederentwicklung zuletzt durch zunehmend systematische Mitgliederentwicklungsaktivitäten in der Verwaltungs- stelle verlangsamt werden. Der Eintritts-Austritts-Saldo ist in den letzten Jahren wieder überwiegend positiv gewesen.

Der Frauenanteil unter den Mitgliedern der regionalen IG Metall liegt mit unter 15 Prozent sowohl unter dem der beiden Vergleichsregionen (jeweils gut 20 Prozent) als auch unter dem IG-Metall-Bundesdurchschnitt (knapp 18 Prozent). Dies kann auf einen entsprechend geringeren Anteil weiblicher Beschäftigter im IG-Metall-Organisationsbereich in Region 1 aufgrund der großen Bedeutung des

sehr stark männerdominierten Fahrzeugbaus zurückgeführt werden. 26 Insofern zei-

25 Zum Vergleich: Bundesweit verlor die IG Metall im selben Zeitraum 19 Prozent ihrer Mitglieder (Quelle: IG Metall). 26 Zur Problematik der asymmetrischen Geschlechterverhältnisse in der IG Metall siehe den dritten Teil dieses Buches.

gen die zurückgehenden Mitgliederzahlen der Gewerkschaft für sich genommen nicht unbedingt eine Krise der gewerkschaftlichen Repräsentation als vielmehr den ökonomischen Strukturwandel an.

Hauptamtliche Gewerkschafter und die meisten befragten Betriebsräte sehen die weitere Stabilisierung der Mitgliederzahl als eine der zentralen Aufgaben der regionalen IG Metall an, was aus ihrer auf die Logik der Gewerkschaftsorganisa- tion bezogenen Perspektive verständlich ist. Die Gewerkschaft müsse den Wandel der Belegschaftsstrukturen „langsam aber sicher“ nachvollziehen, erklärt ein Ge- werkschaftssekretär. Dabei formuliert die Verwaltungsstelle explizit den Anspruch, auch ihre eigene Praxis so weiterzuentwickeln, dass sich in ihr Tradition und neue Entwicklungen miteinander verbinden. Die seit wenigstens zehn Jahren zuneh- mend professionalisierte Mitgliederentwicklungsstrategie der Verwaltungsstelle beruht nach Angaben einer Hauptamtlichen auf drei Säulen:

Den Hauptteil bilden betriebliche Mitgliederentwicklungs-Projekte mit kon- tinuierlicher Begleitung und Unterstützung der Betriebsräte und „IG-Metall- Teams“ in den Betrieben, neuerdings auch erste Organizing-Projekte. Daneben führt die Verwaltungsstelle seit etlichen Jahren immer wieder zeit- lich begrenzte Kampagnen durch, in denen besonders aktive Werber für ihr Engagement eine kleine finanzielle Belohnung erhalten. Die dritte Säule sind traditionell die Tarifrunden, die früher den zentralen Anlass zur Gewinnung von Neumitgliedern darstellten, ihre Zugkraft in dieser Hinsicht aber heute oftmals eingebüßt hätten.

Die weiterhin vorhandene relative Stärke der IG Metall in Region 1 gründet sich in hohem Maße auch auf ihre Macht in dem mit Abstand größten Betrieb, einem Automobilwerk, dessen Belegschaft sehr stark gewerkschaftlich organisiert ist und etwa die Hälfte der beschäftigen Mitglieder stellt. Dessen große Bedeutung für die regionale IG Metall lässt sich etwa daran ablesen, dass der Verwaltungsstelle zuletzt eine akute finanzielle Krise daraus erwuchs, dass ihr infolge von Personal- abbau in diesem Betrieb fast 1000 Mitglieder auf einmal verloren gingen. Das von der Geschäftsführung der Verwaltungsstelle entwickelte Konsolidierungskonzept zur Überwindung dieser Krise sieht vor, einige altersbedingt freiwerdende Stellen bei den Verwaltungsangestellten, die im Zuge der Einführung und verstärkten Nut- zung von EDV als nicht mehr unbedingt notwendig erachtet werden, nicht wieder zu besetzen. Gleichzeitig verändern sich die Anforderungen an die verbleibenden Verwaltungsangestellten: „Was wir brauchen, ist eher so eine Art Assistenz“ (Ge- werkschaftssekretärin). Deshalb werden die „Kolleginnen“ verstärkt im Umgang mit verschiedenen EDV-Anwendungen fortgebildet.

Die gegenüber den anderen beiden Regionen trotz der Verluste weiterhin große Mitgliederzahl in Region 1 ermöglicht es der Verwaltungsstelle, eine vergleichs- weise große Anzahl von hauptamtlichen Gewerkschaftssekretären zu beschäfti- gen. Da die als zentrales Zukunftsprojekt angesehene weitere Verbesserung der Mitgliederbetreuung und -gewinnung verstärkte Anforderungen an das Personal stellt, ein weiterer quantitativer Ausbau der hauptamtlichen Kapazitäten aus fi- nanziellen Gründen aber nicht in Frage kommt, setzt die Geschäftsführung der Verwaltungsstelle auf eine verbesserte Qualifikation ihrer Gewerkschaftssekretäre. Zu diesem Zweck wurde ein eigenes Qualifizierungsprogramm entwickelt, das vor allem auf die Verbesserung der sozialen Kompetenz zielt, die als notwendige Ergänzung des vorhandenen Fachwissens angesehen wird. Ein Ziel ist es, die Sensibilität der Hauptamtlichen für unterschiedliche betriebliche Anforderungen weiter zu erhöhen, ein weiteres, mit den Konflikten der alltäglichen Betriebsbe- treuungsarbeit besser umgehen zu lernen. Wenn der IG-Metall-Betriebsbetreuer beispielsweise einem „alten Hasen“ im Betriebsrat ein Mitgliederentwicklungs- Projekt vorschlage, „dann hakt es oft“, so eine Gewerkschaftssekretärin. Mit sol- chen Rückschlägen umgehen zu können und nicht aufzugeben, sondern Wege zu finden, wie man auch in einem solchen Fall das Ziel gemeinsam angehen und eine konstruktive Debatte mit den Ehrenamtlichen führen könne, seien Fähigkeiten, die die Gewerkschaftssekretäre in dem Qualifizierungsprogramm erwerben sollen. Teil der durch die relativ großen Ressourcen erleichterten Professionalisierung der Arbeit in der Verwaltungsstelle ist auch die bewusste Pflege des Arbeitsklimas und der kollegialen Zusammenarbeit zwischen den Hauptamtlichen. Es besteht der Anspruch, alle relevanten Diskussionen parallel zum Tagesgeschäft gemeinsam zu führen, was angesichts der bestehenden hohen Arbeitsbelastung eine gute persön- liche Zeitplanung und die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen, verlangt. Die offene, bisweilen kontroverse, aber immer von gegenseitiger Solidarität und freundschaft- lichem Umgang untereinander geprägte Diskussionsatmosphäre wurde in den Ex- perteninterviews von den Hauptamtlichen immer wieder positiv hervorgehoben.

Professionalisierung und relativ große soziale Sensibilität sind in Region 1 auch durch einen langfristigen personellen Wandel in den haupt- und ehrenamt- lichen Schlüsselpositionen begünstigt worden. Infolge der sozialen und politischen Umbrüche der siebziger Jahre entstanden latente Konflikte zwischen den früher dominierenden, stark an tradierten Praktiken und Politikvorstellungen orientierten Gewerkschaftern aus den traditionellen Arbeitermilieus und Akteuren aus moder- nisierten Fraktionen facharbeiterischer Milieus, die in der Studenten- und Lehr- lingsbewegung der siebziger Jahre sozialisiert wurden und eine stark politisierte Professionalisierung und relativ große soziale Sensibilität sind in Region 1 auch durch einen langfristigen personellen Wandel in den haupt- und ehrenamt- lichen Schlüsselpositionen begünstigt worden. Infolge der sozialen und politischen Umbrüche der siebziger Jahre entstanden latente Konflikte zwischen den früher dominierenden, stark an tradierten Praktiken und Politikvorstellungen orientierten Gewerkschaftern aus den traditionellen Arbeitermilieus und Akteuren aus moder- nisierten Fraktionen facharbeiterischer Milieus, die in der Studenten- und Lehr- lingsbewegung der siebziger Jahre sozialisiert wurden und eine stark politisierte

Ausbreitung in die Fläche in Region 2

Die Mitgliederzahl der IG Metall in Region 2 war in den letzten 15 Jahren auf den ersten Blick vergleichsweise stabil. Nach einem „sehr starken Aufbruch“ (Gewerkschaftssekretär) in den achtziger Jahren konnte bis Ende des Jahrzehnts ein erster Höchststand erreicht werden. In den neunziger Jahren machte sich dann die wirtschaftliche Krise der Region mit vielen Betriebsschließungen und -verla- gerungen bemerkbar. Die Mitgliederzahlen sanken zunächst bis 1997 um 10 Pro- zent. Im Jahr 2000 konnte der Höchstwert aus den achtziger Jahren noch einmal erreicht werden, was vor allem auf die in diesem Zeitraum erfolgte Integration der Gewerkschaften Textil-Bekleidung (GTB) und Holz und Kunststoff (GHK) in die IG Metall zurückzuführen ist. Nach einer kurzen Stagnationsphase fielen die Mitgliederzahlen seither erneut um rund 10 Prozent. Den Hauptgrund für die Abnahme der Mitgliederzahl stellt auch in Region 2 die langfristig sinkende Beschäftigtenzahl dar. Nicht zu vernachlässigen ist allerdings, dass Region 2 zu den wenigen Verwaltungsstellen im IG-Metall-Bezirk gehört, die in den letzten Jahren teilweise Nettozuwächse bei den Mitgliederzahlen verzeichnen konnten. Dies ist hauptsächlich auf eine erhöhte Zahl von Eintritten im Zusammenhang mit betrieblichen Konflikten zurückzuführen. Die regionalen Gewerkschafter betonen aber, dass sie trotz der zeitweise positiven Zahlen nicht von einer generellen Trendumkehr ausgehen.

Dennoch ist die im Vergleich zu anderen IG-Metall-Verwaltungsstellen noch relativ günstige Mitgliederentwicklung in Region 2 durchaus bemerkenswert, da die einerseits von Hightech-Unternehmen mit hohen Angestelltenanteilen und andererseits von ländlichen Kleinbetrieben geprägte Branchenstruktur eigentlich eine eher ungünstige Voraussetzung für die Mitgliederentwicklung darstellt. Einen wichtigen Faktor für die recht erfolgreiche Mitgliederbilanz stellt die von den Verantwortlichen der Verwaltungsstelle verfolgte und den regionalen Gegeben- heiten angepasste Strategie dar, mit dem größtmöglichen Personalaufwand „in Dennoch ist die im Vergleich zu anderen IG-Metall-Verwaltungsstellen noch relativ günstige Mitgliederentwicklung in Region 2 durchaus bemerkenswert, da die einerseits von Hightech-Unternehmen mit hohen Angestelltenanteilen und andererseits von ländlichen Kleinbetrieben geprägte Branchenstruktur eigentlich eine eher ungünstige Voraussetzung für die Mitgliederentwicklung darstellt. Einen wichtigen Faktor für die recht erfolgreiche Mitgliederbilanz stellt die von den Verantwortlichen der Verwaltungsstelle verfolgte und den regionalen Gegeben- heiten angepasste Strategie dar, mit dem größtmöglichen Personalaufwand „in

Aufgrund der relativ stabilen Mitgliederentwicklung ist auch die finanzielle Situation der Verwaltungsstelle vergleichsweise günstig. Doch durch die mit dem langsamen Mitgliederschwund verbundenen Einnahmenverluste sieht man sich auch hier mittlerweile zu Einsparungen gezwungen: „Wir sind noch nicht emp- findlich getroffen. Aber natürlich denken wir jetzt darüber nach: Was können wir tun, um das aufzufangen? Denn Finanzkraft ist Kampfkraft. Das ist ja kein leeres Wort. Ohne Geld wären die Gewerkschaften nur Papiertiger“ (Gewerkschaftsse- kretär). Schon in der Vergangenheit wurde auf der Grundlage dieser Überzeugung darauf geachtet, dass die finanziellen Mittel nach Möglichkeit der eigentlichen Gewerkschaftsarbeit wie der Betriebsbetreuung zugutekamen, während im Ver- waltungsbereich zum Teil gespart wurde.

Die Verwaltungsstelle folgt der „Philosophie“ (Gewerkschaftssekretär), dass nur durch eine möglichst große Anzahl an politischen Sekretären eine optimale Betreuung der Mitglieder gewährleistet werden kann. „Deshalb sind wir bei der Beschäftigung von politischen Sekretären eigentlich immer bis an die Grenze dessen gegangen, was finanziell überhaupt möglich und vertretbar war, teilweise auch ein bisschen über die Grenzen hinaus.“ Die in absoluten Zahlen mitglie- derschwächste der drei IG-Metall-Regionen beschäftigt daher genauso viele Ge- Die Verwaltungsstelle folgt der „Philosophie“ (Gewerkschaftssekretär), dass nur durch eine möglichst große Anzahl an politischen Sekretären eine optimale Betreuung der Mitglieder gewährleistet werden kann. „Deshalb sind wir bei der Beschäftigung von politischen Sekretären eigentlich immer bis an die Grenze dessen gegangen, was finanziell überhaupt möglich und vertretbar war, teilweise auch ein bisschen über die Grenzen hinaus.“ Die in absoluten Zahlen mitglie- derschwächste der drei IG-Metall-Regionen beschäftigt daher genauso viele Ge-

Auch in Region 2 hat Ende des letzten Jahrhunderts ein Wechsel in der ge- werkschaftlichen Elite der haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen statt- gefunden. Die jüngere und modernisierte Fraktion mit oft höherer Formalbildung konnte sich dort schon in den achtziger Jahren durchsetzen und damit schneller als in der größeren IG-Metall-Verwaltungsstelle in Region 1, in der die Auseinan- dersetzungen um die Machtpositionen wegen der größeren Zahl der Beteiligten und der umstrittenen Positionen länger andauerten. Der andere zeitliche Verlauf des Elitenwechsels mag in Verbindung mit einem geringeren Anteil höher qualifi- zierter Hauptamtlicher dazu beigetragen haben, dass in Region 2 eine im Vergleich etwas stärkere Persistenz traditioneller Elemente in der gewerkschaftlichen Sym- bolik zu erkennen ist, die sich trotz der im Hightech-Cluster stattfindenden Öff- nung für neue Beschäftigtengruppen weiterhin in einer insgesamt relativ starken Ausrichtung auf die facharbeiterischen Organisationsbereiche ausdrückt.

Relativ prekäre Mitglieder- und Arbeitssituation in Region 3

Die Geschichte der heutigen Verwaltungsstelle der IG Metall in Region 3 beginnt erst in den frühen neunziger Jahren. Nach der Wiedervereinigung hatte sich die IG Metall der DDR aufgelöst und ihren Mitgliedern empfohlen, der nun gesamt- deutschen IG Metall beizutreten. Diese erweiterte ihre Strukturen auf die ostdeut- schen Bundesländer und gründete dort nach dem Muster des alten Bundesgebiets Bezirke und Verwaltungsstellen (vgl. Wilke/Müller 1991; Sebaldt/Straßner 2004: 243ff.). Mehrere in Region 3 zunächst entstandene kleinere Verwaltungsstellen wurden in infolge der anhaltenden Mitgliederverluste in einem bereits Mitte der neunziger Jahre einsetzenden Prozess schrittweise zusammengelegt. Besonders im Oberzentrum der Region waren der IG Metall Zehntausende von Mitgliedern Die Geschichte der heutigen Verwaltungsstelle der IG Metall in Region 3 beginnt erst in den frühen neunziger Jahren. Nach der Wiedervereinigung hatte sich die IG Metall der DDR aufgelöst und ihren Mitgliedern empfohlen, der nun gesamt- deutschen IG Metall beizutreten. Diese erweiterte ihre Strukturen auf die ostdeut- schen Bundesländer und gründete dort nach dem Muster des alten Bundesgebiets Bezirke und Verwaltungsstellen (vgl. Wilke/Müller 1991; Sebaldt/Straßner 2004: 243ff.). Mehrere in Region 3 zunächst entstandene kleinere Verwaltungsstellen wurden in infolge der anhaltenden Mitgliederverluste in einem bereits Mitte der neunziger Jahre einsetzenden Prozess schrittweise zusammengelegt. Besonders im Oberzentrum der Region waren der IG Metall Zehntausende von Mitgliedern

Der Trend der Mitgliederentwicklung seit Anfang der neunziger Jahre ist parallel zu den Beschäftigungsverlusten in der Industrie kontinuierlich negativ. Seit sich die Beschäftigtenzahlen im Organisationsbereich in den letzten Jahren konsolidiert haben und in Teilbereichen sogar wieder leicht positiv entwickeln, hat sich der vorher erdrutschartige Absturz der Mitgliederzahlen der Gewerkschaft erkennbar verlangsamt, doch ist der Rückgang keineswegs zum Stehen gekom- men. Allein seit dem Jahr 2000 ist die Mitgliederzahl um über 25 Prozent gefallen. Dies hat zu einer für die betriebliche und politische Durchsetzungsmacht sowie die Finanzkraft der Organisation ungünstigen Mitgliederstruktur geführt. Mittler- weile ist deutlich weniger als die Hälfte der IG-Metall-Mitglieder in der Region in Beschäftigung, die übrigen sind arbeitslos oder im Ruhestand, während zum Vergleich der Anteil der beschäftigten Mitglieder in den beiden westdeutschen Vergleichsregionen bei etwa zwei Dritteln liegt.

Die enormen Mitgliederverluste in Region 3 waren im Wesentlichen eine Folge des in Geschwindigkeit und Größenordnung nahezu unvergleichlichen wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Auch hinter dem Rückgang der letzten zehn Jahre verbergen sich – abgesehen von einzelnen betrieblichen Konflikten, in denen Belegschaft und Gewerkschaft eine Niederlage hinnehmen mussten und dem erfolglosen Streik in Ostdeutschland 2003 – nicht Austritte von betrieblichen

Mitgliedern, sondern vor allem von Arbeitslosen und Rentnern sowie Todesfälle. Da an den Übergängen von einem Mitgliederstatus zu einem anderen (Arbeits- losigkeit, Renteneintritt) besonders viele Austritte zu verzeichnen sind, versucht die Verwaltungsstelle, stärker in einen Dialog mit arbeitslos gewordenen und in den Ruhestand getretenen Mitgliedern zu treten, um diese davon zu überzeugen, ihre Mitgliedschaft aufrechtzuerhalten. Zu diesem Zweck wurde in Kooperati- on mit den benachbarten Verwaltungsstellen zeitweilig eine aktive telefonische Mitgliederbetreuung eingeführt, die aber nach einigen Jahren trotz erkennbarer Erfolge bei der Wiedergewinnung ausgetretener Mitglieder aus finanziellen Grün- den eingestellt wurde.

Die Zahl der Eintritte reicht bisher nicht aus, um die anhaltenden Verluste zu kompensieren. Zwar ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad in denjenigen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie, in denen die Gewerkschaft präsent ist, nach wie vor hoch, doch findet hier kaum Arbeitsplatzwachstum statt. In neu gegründeten und expandierenden Betrieben ist die Gewerkschaft dagegen häufig kaum vertreten. Aufgrund der Altersstruktur der gut organisierten Belegschaften verschärfen sich die Probleme der Mitgliederverluste und der ungünstigen Mit- gliederstruktur der regionalen IG Metall weiter. Die Verwaltungsstelle sieht vor dem Hintergrund ihres „demografischen Problems“ (Geschäftsbericht) die drin- gende Notwendigkeit, nicht nur in ihren bisherigen Hochburgen die Jugendarbeit zu intensivieren, sondern auch in den neu gegründeten Betrieben mit jüngeren Belegschaften endlich stärker Fuß zu fassen.

Die personellen Ressourcen, die sie einsetzen kann, um dieses Ziel zu errei- chen, sind jedoch relativ gering. Infolge der sinkenden Mitgliederzahlen und der gleichzeitig zurückgehenden Einnahmen hat die IG Metall in Region 3 in den letzten Jahren ihre hauptamtlichen Kapazitäten in erheblichem Maße abbauen müssen. Die Zahl der Gewerkschaftssekretäre ist seit Ende der neunziger Jahre auch im Kontext der Zusammenlegungen von Verwaltungsstellen um etwa ein Drittel reduziert worden, die der Verwaltungsangestellten sogar um über die Hälf- te. Gleichzeitig ist die Mitgliederbetreuung wegen der mittlerweile von Kleinbe- trieben dominierten Branchenstruktur der Region in den letzten Jahren schwie- riger geworden. Die Arbeitsbelastung der Hauptamtlichen ist stark angestiegen. Angesichts der sehr großen flächenmäßigen Ausdehnung des Betreuungsgebiets und relativ geringer personeller Kapazitäten gelingt es nicht, den Kontakt in alle Betriebe aufrecht zu erhalten, so dass es vergleichsweise häufig sogenannte „Ein- zelmitglieder“ in gewerkschaftlich nicht betreuten Betrieben gibt, die von der Verwaltungsstelle kaum zu erreichen sind. Gewerkschaftliche Hauptamtliche be- Die personellen Ressourcen, die sie einsetzen kann, um dieses Ziel zu errei- chen, sind jedoch relativ gering. Infolge der sinkenden Mitgliederzahlen und der gleichzeitig zurückgehenden Einnahmen hat die IG Metall in Region 3 in den letzten Jahren ihre hauptamtlichen Kapazitäten in erheblichem Maße abbauen müssen. Die Zahl der Gewerkschaftssekretäre ist seit Ende der neunziger Jahre auch im Kontext der Zusammenlegungen von Verwaltungsstellen um etwa ein Drittel reduziert worden, die der Verwaltungsangestellten sogar um über die Hälf- te. Gleichzeitig ist die Mitgliederbetreuung wegen der mittlerweile von Kleinbe- trieben dominierten Branchenstruktur der Region in den letzten Jahren schwie- riger geworden. Die Arbeitsbelastung der Hauptamtlichen ist stark angestiegen. Angesichts der sehr großen flächenmäßigen Ausdehnung des Betreuungsgebiets und relativ geringer personeller Kapazitäten gelingt es nicht, den Kontakt in alle Betriebe aufrecht zu erhalten, so dass es vergleichsweise häufig sogenannte „Ein- zelmitglieder“ in gewerkschaftlich nicht betreuten Betrieben gibt, die von der Verwaltungsstelle kaum zu erreichen sind. Gewerkschaftliche Hauptamtliche be-

Um die negativen Effekte des Personalabbaus auf die Gewerkschaftsarbeit teilweise zu kompensieren, hat die Verwaltungsstelle verschiedene Maßnahmen getroffen. So wurden Teams von Ehrenamtlichen, die sogenannten Betreuungs- Teams gegründet, die neben der Verbesserung der Mitgliedergewinnungsarbeit als zusätzliche Kapazitäten zur Betriebsbetreuung eingesetzt werden, um die Hauptamtlichen teilweise zu entlasten und eine bessere Abstimmung der Betreu- ungsarbeit mit dem Bedarf zu ermöglichen. Auch die Arbeitslosenberatung, die angesichts der großen Zahl arbeitsloser Mitglieder einen großen Arbeitsaufwand bedeutet, ist mittlerweile überwiegend von einer Gruppe Ehrenamtlicher über- nommen worden. Zudem beschäftigt die Verwaltungsstelle seit einigen Jahren kontinuierlich mehrere Auszubildende. Damit demonstriert sie zum einen, dass sie anders als manches Unternehmen alles in ihrer Macht Stehende für mehr Aus- bildungsplätze tut. Zum anderen kostet die Ausbildung die IG Metall zwar Geld und verursacht zusätzliche Arbeit für die Hauptamtlichen, dennoch bedeuten die Auszubildenden auch eine Entlastung.