Politische Entwicklungen 1. Die Julirevolution im Deutschen Bund

Vollendet wurde die Politik Metternichs zur konservativen Umgründung des Bundes auf den Wiener Ministerialkonferenzen vom November 1819 bis Mai 1820. Sie dienten dazu, die offenen Punkte der Bundesakte im restaurativen Sinne zu schließen. Das Ergebnis war die „Bundes-Supplementarakte“, besser bekannt unter dem Namen Wiener Schlussakte vom 15. Mai 1820. [13] Darin wurde eine Auslegung des Verfassungsartikels der Bundesakte festgeschrieben, wonach zwar einerseits die bestehenden Konstitutionen Bestandsrecht hatten, andererseits das monarchische Prinzip aber fest verankert und die möglichen Rechte der Landstände oder Parlamente begrenzt wurden. [14]

F. Politische Entwicklungen 1. Die Julirevolution im Deutschen Bund

Trotz der polizeilichen Maßnahmen während der Restaurationszeit war es dem Deutschen Bund und seinen Mitgliedsstaaten nicht gelungen, die liberale und nationale Opposition wirklich nachhaltig zu schwächen. Selbst in den 1820er Jahren bestand diese weiter. Da sie sich nicht mehr offen betätigen konnte, suchte etwa die nationale Bewegung nach äußerlich unverdächtigen Ausdrucksformen. So diente der Philhellenismus im Zuge der griechischen Revolution auch als Ersatz für die verbotene deutsche Bewegung. Die Fortexistenz wurde den Zeitgenossen vor allem seit dem Übergreifen der Julirevolution aus Frankreich im Jahr 1830 auf die Mitgliedsstaaten des Bundes deutlich. Die erneute Revolution in Frankreich hatte den Regierungen deutlich gemacht, dass eine europaweite restaurative Stabilisierung eine Episode zu werden drohte. Umgekehrt haben die Ereignisse in Frankreich die Hoffnungen der Liberalen auf politische Veränderungen bestärkt. Nicht zu vergessen ist, dass von der belgischen Revolution, dem polnischen Novemberaufstand und den Ereignissen im Rahmen des italienischen Risorgimento einige Gliedstaaten des Bundes direkt betroffen waren. Innerhalb der Bundesgrenzen selbst brachen revolutionäre Unruhen aus, die vorübergehend vom Bund oder seinen Gliedstaaten zwar militärisch bekämpft werden konnten, auf mittlere Sicht aber Impulse für Reformen im Sinne des Konstitutionalismus gaben und der Beginn eines sich in den vierziger Jahren verstärkenden politischen Radikalisierungsprozesses waren. Revolutionäre Unruhen brachen 1830 etwa im Herzogtum Braunschweig aus. Der regierende Herzog Karl II. hatte 1827 in einer Art Staatsstreich gegen den ausdrücklichen Willen des Bundes die Verfassung aufgehoben und eine absolutistische Herrschaftsform eingeführt. Die dadurch ausgelöste politische Unzufriedenheit mischte sich mit sozialen Problemen. Beides zusammen führte schließlich zur Erstürmung des herzoglichen Schlosses und zur Absetzung des Herzogs wegen „Regierungsunfähigkeit“ durch einen zusammengetretenen Landtagsausschuss. Eine mögliche Bundesexekution unterblieb, da sich der Herzog in den Jahren zuvor bereits bei den übrigen Mitgliedern des Bundes diskreditiert hatte. Auch in Kurhessen hatte Kurfürst Wilhelm II. durch sein absolutistisches Gebaren und seine Mätressenwirtschaft jedes Vertrauen verloren. Auch hier war politischer Protest mit sozialer Unzufriedenheit verbunden. In Sachsen entwickelten sich revolutionäre Unruhen zunächst in den Städten und breiteten sich in die Dörfer der Weber und anderer Textilhersteller aus. Dort verbanden sich politische Kritik an der altständischen Verfassung und antikatholische Ressentiments gegen das Königshaus mit Handwerker- und Arbeiterprotesten. Auch in Sachsen gelang es der bürgerlichen Opposition im Zusammenspiel mit der Ministerialbürokratie, die Proteste zu kanalisieren und eine neue Verfassung und eine schrittweise Reform von Staat und Gesellschaft durchzusetzen. Im Königreich Hannover richtete sich der Protest gegen das altständisch- feudale System. Der eigentliche Gegner war nicht der ferne englische König, sondern der führende Minister Ernst Graf von Münster. Auch in Hannover kam es vielerorts zu Unruhen, in Göttingen kam es sogar zu einem von drei Privatdozenten angeführten Putsch, der freilich rasch niedergeschlagen wurde. Ausdruck der Politisierung war nicht zuletzt eine an Bedeutung zunehmende politisch-oppositionelle Publizistik. Zu den wichtigsten, damals schon im Exil lebenden gehörten Heinrich Heine und Ludwig Börne. Zusammen mit jüngeren Autoren wie Karl Gutzkow oder Heinrich Laube repräsentierten sie die Literaturbewegung des Jungen Deutschland. Offenbar war deren Kritik an den Zeitverhältnissen bei den politisch Verantwortlichen so verhasst, dass die Bundesversammlung 1835 ein Verbot wegen Gotteslästerung und Unsittlichkeit aussprach. In Hessen gründeten Georg Büchner und der Pfarrer Ludwig Weidig die „Gesellschaft für Menschenrechte“ und Büchner gab in diesem Zusammenhang den Hessischen Landboten heraus.

2. Politischer Vormärz a. Ausformung der politischen Lager